Cold Specks – Light For The Midnight

Cold Specks
(c) Ted Belton

Längere Kreativpausen sind für viele Künstler*innen keine ungewöhnliche Angelegenheit. Bei Ladan Hussein aka Cold Specks waren jedoch siebeneinhalb Jahre seit „Fool’s Paradise“ vergangen. Eine kapitale Mental-Health-Krise warf die kanadische Sängerin und Songwriterin aus der Bahn – was sich zunächst wie ein Zusammenbruch aufgrund von Depressionen anfühlte, führte zur Schizophrenie-Diagnose. Durch medikamentöse Behandlung ging es zurück ins Leben. Dieser Kampf mit der Gesundheit, mit Veränderung und das Ringen ums Überleben thematisiert „Light For The Midnight“ auf unmittelbare Weise und schneidert daraus Songs mit erstaunlich universellen Themen.

Pure Poesie trägt durch zehn bewegende Songs. „Lingering Ghosts“ zählt zu den Highlights, als weitestgehend ruhige Piano-Ballade inszeniert, die nur spät Fahrt aufnimmt. Das Erwachen in einem Albtraum, die stetig starrenden Geister und Illusionen, der Versuch des Freikämpfens – mindestens so imposant wie das mit klassischen RnB-Motiven flirtende „Closer“. Die Protagonistin sehnt sich nach (Seelen-)Frieden, der jedoch verwährt bleibt, während der bewegende Retro-Chic an der Pforte zum nächsten Leben steht und von grinsenden Kreaturen begleitet wird. Gemeinsam geht es einer neuen Zeitrechnung entgegen.

Ein weiteres Highlight anderer Art ist „Curse Away“, die nächste grandiose Ballade. Soulige bis jazzige Untertöne rücken Husseins Gesang mehr und mehr in den Mittelpunkt und machen großzügig Platz für Sollbruchstellen. Stimme und Stimmung kippen, das Ringen um Fassung wird zur Kunstform erklärt. „Wandering In The Wild“ lässt Altes verblassen und sehnt sich nach neuen Ufern, begleitet von einem lyrischen Bewusstseinsstrom, der universelle Antworten im Zweifel sucht. Herrlich bedächtige Instrumentierung beflügelt den Song. Ist „How It Feels“ das Vermächtnis der letzten Jahre? Die Suche nach dem richtigen (Lebens-)Gefühl, nach dem Vorher, wird schmerzvoll und imposant inszeniert.

Wie sehr Cold Specks gefehlt hatte, wird in diesen zehn weitestgehend balladesken Tracks wieder und wieder deutlich. Rein musikalisch passiert wenig, abgesehen vom vorwitzigen RnB-Ausreißer am Schluss. Piano, Reduktion und bedeutungsschwangere, stets geschmackvolle Untermalung stehen im Mittelpunkt. Es sind jedoch Gesang und Texte, die dieses Album über jeden Zweifel erhaben machen. Das ganze Leid, der Kampf und der gewonnene Optimismus, das wiedergefundene Selbst schwingen in jeder Silbe mit, speziell wenn die Stimme bricht und plötzlich anderweltlich klingt. Zudem gelingt es Cold Specks tatsächlich, diese einschneidende Zeit in allgemeingültige Themen zu kleiden, die für alle Hörer ein Stück Herz und Seele bieten. Dieses Comeback ist ganz großes Kino.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 09.04.2025
Erhältlich über: Mute / [PIAS] (Rough Trade)

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