Motorpsycho – Motorpsycho

Nein, so etwas wie Stillstand gab und gibt es bei Motorpsycho eigentlich nicht. Nach geraumer Zeit ist man wieder in Kernduoaufstellung um die beiden Gründungsmitglieder Bent Sæther und Hans Magnus Ryan unterwegs. Drummer Thomas Järmyr stieg vor zwei Jahren aus, zudem ließ man das ursprünglich für die eigenen Releases gegründete Label Stickman hinter sich und steht nun wieder auf anderen, doch wieder eigenen Beinen. Beim Nachfolger zweier pandemischer Alben kehren die Norweger zurück zu ihren Stärken und widmen sich ausufernder, progressiver, epischer Kunst der zermürbenden und anspruchsvollen Sorte. Über 35 Jahre nach der Gründung erscheint tatsächlich das erste schlicht „Motorpsycho“ betitelte Werk.
Natürlich ragt ein „Neotzar (The Second Coming)“ besonders hervor, alleine schon aufgrund der recht opulenten Spielzeit von 21 Minuten. Der treibende, fast wütende Motor nimmt selbstverständlich eine üppige Portion Krautrock mit, verliert sich in proggig-psychedelischen Ausritten und eskaliert bis zur großen Zäsur. Urplötzlich mutierten Motorpsycho zu Jazzern und kramen eine weitere Stärke aus dem Archiv hervor, bis schließlich alles zusammenfindet. Im krassen Gegensatz dazu gibt sich „Laird Of Heimly“ folkig und blumig, erinnert an die bunten Ausritte früher Led Zeppelin und findet daran ebenso Freude wie am knackigen, eingängigen Hard Rock von „Stanley (Tonight’s The Night)“. Bratende Gitarren und vergleichsweise geradlinige Arrangierung tragen zum Hit.
Freilich bleibt das nur die Spitze des imaginären Eisbergs, denn die überlangen Giganten drängen sich gerne an vorderste Front. Das furiose, energische „Three Frightened Monkeys“ macht einfach und hält rein gar nichts von Atempausen. Auch hier kippt die Stimmung mittendrin kurzzeitig, spielt sogar mit schrägen King Crimson-Einlagen. Der gewaltige Opener „Lucifer, Bring The Light“ mag seine herzhaft aufheulende Gitarre, bevor maschinell-krautige Schleifen den Track in mehrere Richtungen gleichzeitig zerren. Im Vergleich dazu fällt „Core Memory Corrupt“ direkt freundlich und putzig aus, nimmt die Motorpsycho-Version von Pop auf, gibt sich durchaus sonnig, nur um dahinter ordentlich zu brodeln.
Ob es tatsächlich die vollen 80+ Minuten gebraucht hätte, sei dahingestellt. Motorpsycho reizen die Möglichkeiten selbstverständlich aus, mit wachsender Begeisterung, und packen so ziemlich alles, was die Norweger seit dreieinhalb Jahrzehnten ausmacht, auf ein überlanges Album. Dieses einfach nach der Band zu benennen, passt prima ins Bild, weil hier die Essenz Sæthers und Ryans wieder und wieder an die Oberfläche dringt. Hier ist alles vertreten, allen voran natürlich die ellenlangen Epen, gerne wieder eine Spur krautiger angelegt, im angenehmsten Sinne getrieben und energisch. Doch auch das zuletzt (wieder-)entdeckt Herz für eingängige, straighte Songs darf schlagen. „Motorpsycho“ nimmt alles mit, überfordert mit wachsender Begeisterung und kommt der essenziellen Platte des Duos sehr nahe.
Wertung: 4,5/5
Erhältlich ab: 21.03.2025
Erhältlich über: NFGS (Cargo Records)
Website: motorpsycho.no
Facebook: www.facebook.com/motorpsycho.official