Dirty Talons – Deep Dive

Mit einem packenden Zwischending aus Album und diskographischer Songsammlung machte das österreichische Sextett Dirty Talons im Herbst 2023 von sich reden. Die Mischung aus klassischen Rock-Tönen, poppigen Indie-Weisheiten und brachialer Hardcore-Attacke, von Jess Howells‘ Gesang entsprechend angetrieben, hallt immer noch nach und erhält nun eine Fortsetzung. „Deep Dive“ wurde in den legendären Middle Farm Studios unter Regie von Peter Miles (u. a. Architects, Petrol Girls) direkt auf Tape gebannt und zeigt nicht nur musikalische Geschlossenheit, sondern zugleich den nächsten kleinen Leistungssprung.
Die alte und zugleich neue Intensität steht der Band prima zu Gesicht, siehe und höre der forsche Auftakt „Under Your Spell“. Hier kommen das feine Händchen für Melodien sowie die Lust auf dicke Nackenschläge geschickt zusammen, vom furiosen Intro über die getriebenen Strophen bis hin zu den angedeuteten Breakdowns und den melodischen, hymnischen Abschnitten samt 80s-Gitarren. Das Spiel mit klassischer Songstruktur und musikalischer Zeitreise geht auf. Im Vergleich dazu fällt „Can You Feel?“ direkt und unmittelbar aus, wobei die sleazy Lead-Gitarre mittendrin einmal mehr willkommene Kvelertak-Vergleiche einbringt. Der Chorus stammt hingegen direkt aus den 80ern, angenehm cheesy und doch so sympathisch.
Auch „Intentions“ mag es gerne poppig, voluminös und zeitlos, klatscht sich eine gehörige Portion Schmalz aufs Brot und geht samt Luftgitarre auf eine Reise ohne klares Ziel. Der Weg macht Laune. Hingegen lässt „ACM“ die Muskeln spielen, gibt sich angriffslustig und düster, nur um aus dem Nirgendwo eine der besten Melodien der gesamten Platte zu zaubern. „You Make Everything Alright“ marschiert los, lässt alles hinter sich und mag seinen Punk schön poppig, während „Buck-Passer“ ein radiofreundliches Rockverständnis kultiviert, ohne dabei seine Ecken und Kanten zu opfern. Die bekömmliche Schwere von „Claiming Space“ ist eine weitere sympathische Facette, abermals mehr als eingängig aufgelöst.
Insgesamt harmonischer, selbst in den sperrigsten Momenten, so zeigen sich Dirty Talons auf ihrem neuesten Longplayer. Die Geschlossenheit des Albumformats wird auf gesunde Weise greifbar gemacht, die willkommene Portion Pop schimmert in so ziemlich jedem Track durch, und doch gibt es nie so etwas wie Gleichförmigkeit – ein absoluter Kunstgriff, den die österreichische Band beherrscht. „Deep Dive“ setzt sich mit neuen, mit alten und mit sich verändernden emotionalen Welten und Sphären auseinander, liebt die 80er noch etwas mehr, bringt die nötige Härte mit und wirkt auf allen Ebenen ausbalancierter. Speziell in seiner Gesamtheit ist diese Platte ein absoluter Gewinn und brennt sich direkt in den Hirnwindungen ein – ein auf allen Ebenen unterhaltsamer Zweitling.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 14.03.2025
Erhältlich über: Noise Appeal Records (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/dirtytalons