Anna Hauss – Unknown Waters

Anna Hauss
(c) Jan Felix Stridde

Die Ungewissheit ist ein spannender, reizvoller Ort für Anna Hauss. Folk, Pop, Jazz und von Soul unterstützter Singer/Songwriter-Sound stattete bereits ihren starken Einstand „How Long Is Now“ aus, der sich mit Bedächtigkeit auseinandersetzte. In seiner Fortsetzung thematisiert die in Berlin geborene Musikerin den Rückzug ins Private sowie die Neugier auf Neues, von turbulenten Zeiten begleitet und beeinflusst. „Unknown Waters“ ist ein Konzeptalbum über das Unbekannte, das zugleich die musikalischen Möglichkeiten und das Songwriting Hauss‘ genauestens und konzentriert auslotet.

Ist der anfängliche „Safe Space“ nun ein Rückzugsort oder der Startpunkt für neue Erlebnisse? Bereits hier strahlen die Gitarren mehr Dominanz aus, ohne sich aufzudrängen, während Hauss meditiert, sucht und sich vorantastet, herrlich jazzig und abgehangen. Das permanente Hinterfragen trägt „Just Don’t Know“ bereits im Titel, wirkt dabei verspielt, fast schon vergnügt. Die Berlinerin entlockt ihrer Stimme andere Facetten, wechselt in deutlich höhere Register, die sich wunderbar für Zweifel in all ihrer Bestimmtheit äußern. Weiche, warme Klangwelten legen den Grundstein für suchendes Finden, die bestens aufgelegte Rhythmusabteilung krönt das Unterfangen.

Das Warten auf Signale, auf „Little Signs“, landet in zurückgelehntem Singer/Songwriter-Soul, der sich vorsichtig annähert, weiter und weiter anwächst, plötzlich den ganzen Raum einnimmt. Ähnliches gilt für die Dualität von „Obvious“, ein kurzes Piano-Fragment, und „Cautious“, ein reduzierter Rausschmeißer, der sich mehr und mehr in folkiger Leichtigkeit verliert. Hingegen gibt sich „Sleep well_for Bonnie“ fast schon vergnügt und verspielt, nimmt warmherzige Basstöne hinzu und blüht weiter auf. Diese großen und doch kleinen, intimen Songs beherrscht Hauss wie nur wenige andere, siehe und höre das entfernt an Gotye erinnernde „When We Get To Know Each Other“ oder das jazzig-coole „Patience“.

Im konstanten, erstaunlich einnehmenden Fluss dieses Albums stellt sich eine Protagonistin vor, die wieder und wieder nach Antworten sucht, nach einem Modus Operandi, nach tatsächlichen Lösungen für die eigene Zukunft. Ist das Unbekannte anziehend oder abstoßend? „Unknown Waters“ ringt mit dieser und anderen grundsätzlichen Fragen, traut sich aber verdammt viel. Gerade das macht diesen Zweitling so stark. Die selbstbewusste Instrumentierung, selbst in zaghaften Momenten, und das wiederholte Eintauchen in jazzige Gefilde geht ans Herz, ebenso die greifbare Fragilität des Seins, der immer wieder mutig und energisch begegnet wird. Anna Hauss geht den sprichwörtlichen nächsten Schritt mit willkommenem Selbstbewusstsein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.03.2025
Erhältlich über: Anna Hauss Music

Website: annahauss.com
Facebook: www.facebook.com/annahauss