Air Drawn Dagger – A Guide For Apparitions

Ein Geheimtipp aus Sheffield setzt zum großen Wurf an: Zumindest jenseits der Heimat kennt man Air Drawn Dagger bislang kaum. Das britische Trio veröffentlichte diverse EPs, Singles sowie ein Mixtape und vermischt unter anderem Emo, Grunge, Alternative Rock, Pop Punk und Elektronik zu einem hymnischen wie sperrigen Mix. Inmitten aller Widersprüchlichkeit schlug Long Branch Records zu und bietet der Band nun eine anständige Bühne für ihren modernen und zugleich aus der Zeit gefallenen Mix. Das erste Album „A Guide For Apparitions“ lehnt sich musikalisch weiter aus dem Fenster und stellt zugleich diverse Figuren auf einem Werk über Nekromantie, Geistwesen, Hexerei und Erscheinungen vor.
„Skinwalkers“ trägt eine dieser unheimlichen Gestalten bereits im Titel, rein musikalisch weist darauf wenig hin. Das liegt nicht zuletzt an Maisies Gesang, der auch in poppigeren Gefilden funktionieren würde, zugleich die nötige Portion Dreck mitbringt, um den tanzbaren Stomper samt Double-Bass-Salven zu höchsten Höhen zu tragen. In „Apparitions“ bekommt sie ausnahmsweise Hilfe von Tobi Duncan (Trash Boat). Zwischen den ruhigen, fast nachdenklichen Strophen, der großen Alternative-Rock-Hymne und dem derben Screamo-Derwisch verlaufen die Übergänge fließend, während die Hook nicht mehr aus dem Kopf geht.
Ein weiteres Highlight ist „Sweatin'“ mit seinen massiven Gitarren, die stellenweise nur einen kleinen Kunstgriff von den proggigeren My Chemical Romance entfernt scheinen. Und doch finden Air Drawn Dagger ein neues Umfeld dafür, schnitzen daraus so etwas wie melancholischen Pop Punk, natürlich mit etatmäßigem Emo-Unterbau. Dass im direkten Anschluss „Teeth“ ordentlich experimentiert und kurz in Trap-Gefilden andockt, passt ins Bild. Überhaupt denkt das Trio mit wachsender Begeisterung um die Ecke, liebt die Entfremdung von „MaidenMotherCrone“ ebenso wie den synthetischen Chic von „Necromancer“, das seine Arme so weit wie menschenmöglich ausbreitet und rundherum alles niederreißt.
Gefühlt durchgehend werden Air Drawn Dagger von einem Extrem ins nächste gerissen, spielen mit ihren Genres und ihren Figuren, entdecken neue Wege für vertraute Ideen und schütteln nebenher manch eingängigen Track aus dem Ärmel. Der kraftvolle, leicht experimentelle, aber auch angenehm poppige Sound des Trios aus Sheffield macht Laune, brennt sich ein und bringt zudem ordentlich Tiefgang mit. Im Spannungsfeld zwischen angenehmer Stimme und gerne mal drückender, wuchtiger Arrangierung blüht „A Guide For Apparitions“ weiter und weiter auf. Ein frischer Ansatz für klassische Klänge sorgt für beste Unterhaltung und ein stimmiges Debüt.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 04.04.2025
Erhältlich über: Long Branch Records (SPV)
Website: airdrawndaggerband.com
Facebook: www.facebook.com/airdrawndaggerband