Franz Ferdinand – The Human Fear
Wer über zwei Jahrzehnte nach einem umjubelten, millionenfach verkauften ersten Album immer noch gut im Geschäft ist und nicht nur in der Heimat regelmäßig die Top 3 erobert, muss etwas richtig machen. Und doch sind sieben Jahre seit dem Release von „Always Ascending“ vergangen. Untätig waren Franz Ferdinand aber keineswegs. Die Veröffentlichung eines Best-of-Albums ließ Alex Kapranos umdenken. Anstatt umfassend zu jammen, legte man den Fokus auf den Schreibprozess und erstellte ein umfangreiches Songbook, bevor auch nur eine Note aufgenommen worden war. „The Human Fear“ will die Essenz des bisherigen Schaffens einfangen und als Basis für elf neue, unterhaltsame wie vielfältige Tracks heranziehen.
Eine Rückkehr zu den hibbeligen, hymnischen Indie-Klassikern mit Post Punk- und Wave-Flair gibt es zwar nicht, wenngleich die Gitarren immer wieder ordentlich Platz bekommen. Das zeigt sich beispielsweise in „The Birds“, das wie ein destilliertes Update des ersten Franz Ferdinand-Albums wirkt, ohne sich zu wiederholen. Es wird laut, schrill, drückend, etwas dissonant, aber auch catchy as hell. Das mächtige „Bar Lonely“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, wenngleich radiofreundlicher und melodischer ausgelegt. „Build It Up“ baut stabile Brücken zu Pop- und Art-Ideen mit einer verspielten Hook im Refrain, die sich auf ganz fiese Weise einbrennt.
„Audacious“ eröffnet das Album mit einer fast unvermeidbaren Beatles-Referenz, die bei Franz Ferdinand eh schon fast immer dabei war. Hingegen passt „Hooked“ eher zur jüngeren Vergangenheit und spielt mit einer Extraportion Rave. Does it offend you? Keinesfalls, das macht Laune. Arabeske bis orientalische Motive überraschen in „Black Eyelashes“, bewegen sich schwerfällig und doch so grazil. Der vorwitzige „Everydaydreamer“ schielt sogar kurz in Richtung Northern Soul und findet letztlich doch wieder zurück zum charmanten Pop-Track. Schließlich holt „Night Or Day“ alles, was dieses Album ausmacht, in einen Track – gitarrenlastig, melodisch, experimentell, eingängig.
Franz Ferdinand hatten sich richtig viel vorgenommen. Ein weiteres Hit-Album ist es wohl nicht geworden, was aber keinesfalls abwertend gemeint ist. Viel mehr lässt das Quintett sämtliche Fäden des bisherigen Schaffens zusammenlaufen und bastelt eine Platte, die alte und neue Fans gleichermaßen unterhalten sollte. Sie lassen die Gitarren wieder tanzen, haben zuckersüße Melodien am Start und probieren richtig viel aus. Und das macht auf allen Ebenen Laune. „The Human Fear“ schreibt Songs gegen die Angst und zeigt auch über 20 Jahre nach dem Einstand, dass Franz Ferdinand zu den wenigen Überlebenden der ersten großen britischen Post-Punk-Welle zählen, die immer noch verdammt viel zu sagen haben.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 10.01.2025
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)
Website: franzferdinand.com
Facebook: www.facebook.com/officialfranzferdinand