Early James – Medium Raw

Early James
(c) Jim Herrington

Eine weitere grandiose Entdeckung von Dan Auerbach meldet sich in frischem Umfeld zurück: Early James veröffentlichte bislang zwei kurzweilige Alben, die jedoch nach Einschätzung nie so ganz das Besondere seines Sounds einfangen konnten. Dieses Mal blieb die Studiotür verschlossen und man ging stattdessen in ein über 100 Jahre altes Anwesen in Nashville, das einst dem Künstler und Fotografen Buddy Jackson gehörte. Um alte und moderne Aufnahmetechnik erweitert, darunter eine Konsole aus den 1950ern, entstand „Medium Raw“ in natürlicher Umgebung, nahezu ohne Overdbus und punktuell durch prominente Songwriter unterstützt.

Die Art und Weise, wie sich James in dieses Album arbeitet, nur mit seiner Stimme und einer Gitarre bewaffnet, macht richtig viel Spaß. „Beauty Queens“ ist folkig, etwas bluesig, spielt mit Soul- und Americana-Ideen und fließt fünf Minuten lang vor sich hin. Die lässige, zurückgelehnte Präsentation bekommt dem Protagonisten gut, wird vom noch längeren „Dig To China“ im direkten Anschluss fast in den Schatten gestellt. Hier geht es zudem angenehm anders über die Bühne, im besten Sinne schleppend, an die bluesigen Ursprünge des Rock’n’Roll erinnernd. Immer wieder wird James laut, während die Drums scheppern und rasseln. Sogar eine Slide-Gitarre findet Platz und geht nicht mehr aus dem Kopf.

Immer wieder tauchen diese ellenlangen Meditationen auf, darunter „Tinfoil Hat“. Die wunderbare, soulig-bluesige Intensität kommt tief aus dem Herzen, zieht eine imaginäre Schlinge immer enger und wiederholt sich bewusst, betont, fast unmerklich. „Nothing Surprises Me Anymore“ könnte als kleines Motto im Großen durchgehen, flott und vorwitzig dargeboten, bevor der Protagonist im richtigen Moment wieder laut wird. An Bord des „Gravy Train“ setzt es puristischen Country-Charme, hektisch und fieberhaft vorgetragen – eben ein typischer Zug-Song. Beschlossen wird diese lange und doch nie langweilige Platte mit „Upside Down Umbrella“ – rastlos, vorwitzig und doch voller Herz.

Und dieses Herz schlägt voller Lebensfreude, mehr denn je. Early James scheint in diesem Setting aufzublühen. Der rohe und doch kraftvolle Sound, die Leidenschaft in jeder Note, die kleinen und die großen Überraschungen – da stimmt im besten Sinne alles zusammen. „Medium Raw“ ist tatsächlich roh und doch nicht. Das sollte nicht funktionieren, tut es aber. Der Country- und Americana-Charme bleibt, dafür kommen Blues und sogar etwas Soul besser denn je durch, mit dem einen oder anderen blauen Auge, versteht sich. Zwölf starke Tracks ohne Längen von einem Künstler, der sich hörbar auch im Studio gefunden hat – schöne Sache.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.01.2025
Erhältlich über: Easy Eye Sound / Concord Records (Universal Music)

Website: www.earlyjames.com
Facebook: www.facebook.com/earlyjamesandthelatest