Bonnie „Prince“ Billy – The Purple Bird

Bonnie "Prince" Billy
(c) David Kasnic

Erst zum zweiten Mal in seiner illustren Karriere arbeitet Will Oldham aka Bonnie „Prince“ Billy mit einem Produzenten zusammen. Gemeinsam mit David „Ferg“ Ferguson nahm er in Nashville auf, begleitet von einer Fülle an Session-Musikern. Ferg und der Prince kennen sich seit über 20 Jahren, als ersterer als Engineer bei Johnny Cashs „American III“-Session zugange war, wo ein Song Oldhams gecovert wurde. Eine Country-Platte sollte es dennoch nicht werden, wenngleich sich das nicht gänzlich vermeiden ließ. Die Tracks auf „The Purple Bird“ wurden überwiegend rund um Fergs Küchentisch geschrieben und klingen wie die perfekte Symbiose beider Welten.

Einer dieser magischen Momente spielt sich in „New Water“ ab, das Billys butterweiche Stimme und folkigen Charme mit Country-Harmonien verbindet, Fidelndes neben Blechbläser stellt. Gleichermaßen unwirklich und wunderschön, so zeigt sich das Ergebnis. Die abschließende Single „Our Home“ mit dem Grammy-prämierten Mandolinenspieler Tim O’Brien rückt dem Nashville-Charme wieder etwas näher, ohne vollends daran anzudocken – eine gekonnte, verspielte Gratwanderung mit Unmengen an Charme. Davon hat auch das zynische „Guns Are For Cowards“ mehr als genug. Zirkusartige Klänge passen zum bitterbösen Text und umstrittenen Thema, das Oldham mit Gusto zerlegt.

In der Standortbestimmung „Boise, Idaho“ ruht hingegen jene folkige Reduktion, die der Protagonist wie nur wenige andere beherrscht. Minimalistische Instrumentierung und angeneme Backings tragen durch die Rockys. Die anziehenden Texturen von „London May“ wechseln den Standort und bemühen den Crossover zwischen musikalischen Welten, wie ein transatlantischer Handschlag der besonders bezaubernden MOR-Art. „Is My Living In Vain?“ stellt eine beklemmende, klagende Frage und ringt dort um Fassung, wo sie andere längst schon verloren haben. Hingegen überrascht „The Water’s Fine“ mit einem lebenslustigen Prince, der sich durch Nashville tragen lässt.

Natürlich hat Oldham kein reines Country-Album aufgenommen, nimmt diese Klänge aber mit wachsender Begeisterung in seinen Sound auf. Der Nashville-Einfluss von „The Purple Bird“ wird an allen Ecken und Enden auf spannende Weise greifbar gemacht. In dieser kreativen Umgebung, mit einem starken Produzenten und Co-Autoren sowie ebenso starken Gästen und Session-Musikern, fühlte sich Bonnie „Prince“ Billy hörbar wohl, verbog sich musikalisch keinesfalls und ließ kreativ doch deutlich mehr zu. Auch das – je nach Zählweise – 22. Oldham’sche Album geht mitten ins Herz und lässt mit einem beseelten Lächeln zurück.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 31.01.2025
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

Instagram: www.instagram.com/wignifier