Alarmsignal – Insomnia

Alarmsignal
(c) Alexander Schank

Unglaubliche 25 Jahre sind Alarmsignal nunmehr unterwegs, und selten war die Band wichtiger als jetzt. Ihr Name ist als Mission Statement zu verstehen, das aktuell doppelt und dreifach wichtig ist. Die Punk-Veteranen aus Niedersachsen durften vor drei Jahren sogar den erstmaligen Einstieg in die Top 20 der deutschen Albumcharts feiern – ein schwacher Trost, denn die Welt ringsum scheint immer weiter aus den Fugen zu geraten, von Hass, Niedertracht und Extremismus dominiert. Das sorgt schon mal für „Insomnia“, wiewohl diese 14 Songs im besten Sinne wachrütteln und motivieren.

Dass hier ein besonderer Wind weht, wird von Anfang an klar – mit dem instrumentalen Intro „You Will Be Safe To…“ und dem Opener „Rest Your Eyes“, inspiriert von syrischen Geschwistern auf der Flucht. Gemeinsam mit Sebastian Madsen wird dieses Powerhouse intoniert, voller Metaphern und Wortspiele sowie packender Singalongs. Überhaupt ist die Gästeliste auf dieser Platte verdammt voll. „Kein Vaterland“ mit Sarah Lesch zeigt für rechtsextremistische Zwecke missbrauchtem Patriotismus den Mittelfinger. Ähnlich deutlich geht „Deutsch mit nicht voll!“ mit Chris von Kotzreiz zu Werke – von chirurgischer Präzision und galliger Intensität geprägt.

Doch auch musikalisch traut man sich gerne mal was, siehe und höre „Neonlichter“. Etwas Synthetik und Elektronik mit 808-Support wabern mit und illustrieren die urbane Rundreise des Dreiminüters gekonnt – verspielt und doch von bleierner Schwere durchzogen. Das kann man vom Ska-Charme eines „Nichts sehen, nichts hören“ nun wirklich nicht sagen. Die musikalische Discharge-Antithese wippt lässig und geht bestimmt nach vorne. Wer hingegen die hitverdächtigen Punk-Rocker sucht, bekommt „Schere / Licht“ serviert – mindestens so kraftvoll und hymnisch wie die interstellare Zeitreise „Laika“, die ebenso wenig kalt lässt wie die deutliche Ansage „Manifest“. Gemeinsam mit Beckx bekommen Arschgeigen in der Punk-Szene den Spiegel vorgehalten.

Mit einem echten Brett von einem Album rennen Alarmsignal offene Türen ein und machen selbst fest verschlossene zu Kleinholz. Auch nach einem Vierteljahrhundert steht die Band für klare Kante und Kompromisslosigkeit, breiter und spannender denn je aufgestellt. Der etwas andere Recording-Prozess, der die Drums erst an den Schluss stellte, bekam „Insomnia“ erstaunlich gut, lässt das Geschehen frontaler und unmittelbarer erscheinen, die großartige Gästeliste rundet das Geschehen entsprechend ab. Obligatorische Hits, begeisterte Blicke über den Tellerrand und das immer präsente Herz in den Lyrics sorgen einmal mehr für großes Kino.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.01.2025
Erhältlich über: Aggressive Punk Produktionen (Edel)

Website: www.alarmsignal-punkrock.de
Facebook: www.facebook.com/alarmsignal