The Mourning Post – Everything Must Stay

The Mourning Post
(c) Leonard Krähahn

Eigentlich ein Wahnsinn: Fast 15 Jahre nach ihrer Gründung präsentieren The Mourning Post ihr erstes Album. Dazwischen liegen zwei EPs, mehrere Besetzungswechsel und andere Rückschläge, wie das plötzliche Wegfallen ihres Proberaums. Das in Köln und Düsseldorf residierende Quartett besinnt sich zwar weiterhin auf knackigen, intensiven Emo mit kleineren Überraschungen, dafür entwickelten sich die Themen weiter. „Everything Must Stay“ befasst sich mit elementaren Fragen des Lebens, mit dem Menschsein an sich, der eigenen Vergangenheit und der fremden Zukunft, und wagt sich im richtigen Moment gerne mal etwas weiter hinaus.

Das knackige und zugleich melancholische „Select Your Character“ bringt Anspruch an Text und Klang in unter drei Minuten zusammen. The Mourning Post befassen sich mit Persönlichkeitsentwicklung, suchen nach Wegen für das eigene Ich, während der vertraute Emo-Ansatz ebenso eine Verwandlung durchlebt – dezent, aber doch spürbar. Die Math-Gitarren, der punkig angehauchte Unterbau, die leichte Unruhe inmitten purer Aufbruchstimmung, all das sind hervorragende Zutaten für die eigene Evolution. Das weiß auch „Fire Trucks“ und überrascht mit zurückgenommenen, semi-balladesken Klängen. Während man von geliebten Menschen Abschied nimmt und nach den richtigen Worten sucht, erreicht die Stimmung ihren Siedepunkt.

„Choir Hamlet“ täuscht ähnliche Ruhe an, nur um alle Regler nach oben zu drehen und sich sogar kurzzeitig in besonders schmerzvolle Retro-Emo-Gefilde zu orientieren, nur wenige Schreie von, nun ja, Screamo entfernt. Während das Herz noch zerreißt, punktet „Explorer“ mit Drive und Melodik, fast schon so etwas wie ein Ohrwurm, zugleich von hibbeliger Energie durchzogen, sich konstant häutend. „Midi Life Crisis“ steigt in den imaginären Ring, will alte Freundschaften reaktivieren und kämpft gegen den Communication Breakdown mit dem Mute der Verzweiflung an. Ob das von Erfolg gekrönt sein mag? Das vorwitzige „Meme Again“ rückt danach den Blick erfolgreich nach innen und entfacht ein erloschen geglaubtes Feuer.

Und so zeigt sich diese Platte im angenehmsten Sinne lebendig, im nahezu konstanten Wandel. Emo bildet weiterhin das musikalische Rückgrat, darf sich nun mehr und mehr strecken. The Mourning Post trauen sich einiges zu, geben sich – da ist das abgedroschene Wort – hörbar erwachsener und profitieren ungemein von der Mischung aus stetem Suchen und betonter Selbsterkenntnis. „Everything Must Stay“ muss nicht bleiben, muss sich nicht zwangsläufig verändern, kann und darf aber richtig viel. In diesen charmanten Zwischenwelten zeigt sich das Quartett in bestechender Form. Es dauerte ein wenig, dafür ist das Ergebnis richtig gut: The Mourning Post sollte man künftig unbedingt am Radar haben.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.11.2024
Erhältlich über: Eigenvertrieb

Facebook: www.facebook.com/TheMourningPost