Surreal Fatal – Fuge
Dystopie. Utopie. Abriss. Eine spannende neue Band aus Hamburg langt beherzt zu. Hinter Surreal Fatal stecken Musiker*innen diverser Szenebands, die sich im Sommer 2023 im Studio fanden, um die gemeinsame kreative Schnittmenge auf Platte zu bannen. Und die nimmt keine Gefangenen – Punk, Post, Rock und Hardcore sind nur einige der Zutaten, von pointierten deutschen Texten und aller gebührender Wut begleitet. „Fuge“ bemüht den konsequenten Abriss und liefert 32 Minuten emotionale Atemlosigkeit, der man sich kaum entziehen kann.
Die gezeigten „Zähne“, die abwechselnd aufblitzen und gezogen werden, tauchen aus den Untiefen eines dramaturgisch aufwühlenden Arrangements auf. Corinnas Vocals treffen mitten ins Herz, gehen an die Substanz, verlangen und erhalten volle Aufmerksamkeit – gallig und unmittelbar, mit gelegentlicher Zweitstimme und stets dem Zusammenbruch nah. Dass alles scheiße ist, erklärt das überlange „Kulisse“, bohrt tiefer und tiefer, während das Ding mittendrin abbricht und mit seiner rein instrumentalen zweiten Hälfte kühle, drastische Klangflächen bemüht. Die Schlinge zieht sich enger und enger, die Post-Apokalypse winkt freundlich und stellt keine Briefe zu.
„Nordmeer“, von Finna unterstützt, versucht sich in der verlorenen Endlosigkeit zu finden und taucht in frostige Gewässer ab. Der herrlich launische, unbequeme und muskelbepackte Track geht direkt ins Ohr – fast schon so etwas wie ein Mini-Hit. Vom beherzt mit der Tür ins Haus fallenden Titelsong „Fuge“ kann man zwar nicht sagen, doch macht das stete Auf und Ab mit melancholischer Melodik ebenso viel Laune wie das drahtige, druckvolle Riff von „Sternbrücke“. Die Hassliebe zu Hamburg geht ohne Umwege ins Ohr, lebt von einem großartigen Basslauf und eskaliert schließlich am Stand – ein kleines Wunderwerk.
Das beherzte, kompromisslose Auftreten von Surreal Fatal macht von der ersten bis zur letzten Minute unheimlich viel Laune. Bewusst geht es nach vorne, nahezu unaufhörlich, mit ausgesuchter Präzision und höchster Intensität. Post Punk hält die Platte zusammen, doch sind es die Ausreißer hinsichtlich brachialer Härte und fokussierter Melodik, die „Fuge“ erst so richtig stark machen. Jeder einzelne Song, selbst Intro, Outro und Zwischenspiel, macht Sinn, brennt sich ein und fährt Ringelspiel mit dem in Schieflage geratenen Emotionshaushalt. Surreal Fatal legen einen richtig starken Erstling vor, der sie direkt in höchste Sphären hieven sollte.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 15.11.2024
Erhältlich über: Rilrec / Rookie Records (Indigo)
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