Mount Jacinto – Silver Lining

Mount Jacinto
(c) Danny Kötter

Unwirklich, mystisch und doch so eindringlich, das umschreibt den angenehm eigenwilligen Sound von Mount Jacinto zumindest einigermaßen. Die kreative Spielwiese der Costa Ricanerin Sonya Carmona ließ sich vom gleichnamigen Berg in Palm Springs inspirieren und soll einem Gefühl von Freiheit und Weite Ausdruck verleihen. Exakt das zeigt sich anhand der Musik, die mit Pop und Rock, mit Psychedelic, mit Folk und mit Alternative spielt, Chamber-Charme mitbringt und sich dabei ganz lässig auf unwirklichen Schwingen tragen lässt. „Silver Lining“ ist das erste Album dieses spannenden Projektes.

Das exzellente „Forest“ bemüht zumindest Teile der eigentümlichen Klangwelten mit wachsender Begeisterung. Locker angeschlagene Gitarre, entspannte Rhythmusabteilung, später kommen der gedoppelte Gesang sowie etwas Desert-Twang hinzu – binnen kürzester Zeit findet man sich in betont unwirklichen Gefilden wieder, lässt den eigentlichen Refrain in zarten Wellen das Bewusstsein erweitern. In „Nice Liquor“ passiert erst einmal herzlich wenig, was aber absolut in Ordnung geht. Ominöse Spannung macht sich breit, bevor nach drei Minuten die Band einsetzt und mit dicken, schroffen Alternative-Gitarren eine imaginäre zweite Raketenstufen gen Psychedelic-Jam zündet.

Hingegen tänzelt „Monte Jacinto“ durch Latin- und Jam-Rock-Gefilde, sucht und findet eine neue Ausdrucksform, die schon mal an forsche Khruangbin erinnert – spannend, lebenslustig und voller Entdeckerdrang. Der butterweiche Synthie-Teppich von „Silver Lining“ schwebt gar verwaschen, grüßt die 80s durch eine verschwommene Linse und perfektioniert die Entfremdung. Obwohl „Remember“ distanziert anmutet, markiert es doch so etwas wie die Rückkehr zu irdischen Sphären, lenkt den Fokus auf das Naheliegende und kokettiert mit butterweichen Gitarrentönen. Die kennt auch der Opener „Seems Right“, steckt sie in die Echokammer und lässt sanfte Vocal-Texturen aufbranden.

Was Carmona auf ihrem ersten Album abzieht, ist im besten Sinne eigenbrötlerisch. Stellenweise scheint es darum zu gehen, eine ureigene musikalische Welt zu erzeugen, die zwischen Kontinenten balanciert und sich stattdessen der endlosen Freiheit der Natur verschrieben hat. „Silver Lining“ findet ihn tatsächlich, den sprichwörtlichen Silberstreif am Horizont, der dem Trott den Kampf ansagt und sich mit verwaschener Unwirklichkeit positioniert, einer Spiegelung – nein, einer Illusion gleich. Mount Jacinto legen einen grandiosen Einstand hin, der in gänzlich neue Sphären entführt und leichten, dennoch nie seichten Eskapismus mit Gefühl und Mehrwert verspricht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 29.11.2024
Erhältlich über: Taxi Gauche Records

Bandcamp: mountjacinto.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/mount.jacinto