Mother’s Cake – Ultrabliss
Nun fallen sie endlich, die letzten irdischen Fesseln. So etwas wie 08/15 gab es bei Mother’s Cake noch nie, doch lassen die Österreicher gut vier Jahre nach dem exzellenten „Cyberfunk!“ letzte imaginäre Grenzen komplett hinter sich. Musikalisch geht es immer dorthin, wo es gerade Spaß und Laune macht, zudem schwingen personelle Veränderungen und Zwischenlösungen mit. So wirkte Raphael Neikes als viertes Mitglied erstmals komplett an einer neuen Platte mit, hingegen musste sich Bassist Benedikt Trenkwalder krankheitsbedingt bei den Aufnahmen durch Arthur Darnhofer-Demar vertreten lassen. Nach den Sessions stieg Drummer und Gründungsmitglied Jan Haußels im Guten aus, mit Alex Kerbl gibt es bereits einen Nachfolger. Ach ja, neue Musik gibt’s auch noch. Und die kann in Form von „Ultrabliss“ einmal mehr vollends überzeugen.
Dabei wird gleich zu Beginn ein im besten Sinne forderndes Mammut von einem Song platziert: „Clockwork“ nimmt stolze zehn Minuten in Beschlag und überrascht mit krautigen Ausritten. Dicht verwobene und doch luftige Soundscapes, ein herrlich fieberhafter Motor und das spannende Spiel mit Gitarren sowie Synthesizern treibt faszinierende, hochspannende Blüten. Das namengebende Uhrwerk spielt sich ein. Ähnlich lang, und doch ganz anders: „Love Me“ betont zwar ebenso die Lust am Jam, gibt sich aber rockiger, psychedelischer und spaciger. Vertrauter Hard Rock trifft auf wilde, komplett abgedrehte instrumentale Ausritte und ein fantastisches Finale.
Und das sind sicherlich nicht die einzigen Überraschungen dieser Platte. „Clementines“ hätte erst gar nicht auf diesem Album landen sollen, brauchte erst Überzeugsarbeit von Yves Krismers Frau. Der herrlich understatete, furztrockene und doch vorwitzige Rocker mit Britpop-Schlagseite macht ebenso Laune wie das tanzbare, überdrehte „Feel Alright“. Hier grüßen schon mal die schrammelnden frühen Arctic Monkeys, ohne komplett vom mütterlichen Kurs abzukommen – ein fieberhafter Ohrwurm, der auf den Indie-Dancefloor zieht. Zwei Giganten am anderen Albumende jammen sich hingegen in die Ewigkeit, darunter das zunehmend durchdrehende „On A Trip“ (nomen est omen). Der Classic-Rock-Ansatz von „Into The Light“ wird hingegen mehr und mehr Richtung Kraut und Psych verschoben, was ebenso ordentlich entertaint.
Und Entertainment gibt es auf dieser Platte in Hülle, in Fülle und in sonst noch was. Wenngleich sie die geschlossene Klasse des Vorgängers nicht ganz erreichen, können Mother’s Cake mit diesem Aufbruch zu neuen und doch vertrauten Ufern dennoch auf ganzer Linie überzeugen. „Ultrabliss“ ist ein Album der Veränderungen, der neuen Ideen und des mutigen Ausprobierens, das den Sound etwas umdefiniert und doch zu keiner Zeit alles umwirft. Mehr Experimente, mehr Jams und mehr Langformat, aber auch kompakte Tanzbarkeit und Mut zum Ohrwurm – Mother’s Cake trauen sich etwas, und das bekommt ihnen richtig gut.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 18.10.2024
Erhältlich über: Embassy of Music (Tonpool)
Website: www.motherscake.com
Facebook: www.facebook.com/motherscake