Glazed Curtains – Claustrophobia

Glazed Curtains
(c) Philipp Schulz

Einfach akzeptieren und hinnehmen, ohne Widerstand und Einwände – für Glazed Curtains steht das außer Frage. Das Quartett aus der österreichischen Hauptstadt Wien setzt sich intensiv mit seiner Umwelt auseinander, thematisiert rohe Emotionen ebenso wie die alltäglichen Kämpfe der kleinen und der sehr großen Dinge. Auf ihrem zweiten Album „Claustrophobia“ geht es nicht nur um äußere Einflüsse, sondern auch um den Blick nach innen – ist das Leben zuletzt doch alles andere als einfach gewesen – begleitet von konzentrierten Auseinandersetzungen mit Mental Health, persönlichen, aber auch systemischen Herausforderungen.

Dass es beispielsweise in „Austria“ keinesfalls freundlich vor sich geht, wird schnell klar. Man geht betont kritisch mit der eigenen Heimat um, arbeitet aber zugleich an einer besseren Zukunft – der kernige, schrille Rocker mit tanzbarem Drive unterstreicht diesen liebevoll kritischen Umgang gekonnt. Auch in „9 2 5“ werden bestehende Strukturen mit der Rasiermesserklinge seziert, während sich eine Gitarrenwand nach der anderen entlädt. Greifbares Leid trifft auf Schweinerock-Ansätze, mit Effektgeräten versehen, in den richtigen Momenten stoisch. Selbst für ein kleines, aber feines Gitarrensolo bleibt Platz – eine verdammt gute Sache.

Derlei Mini-Hits gibt es bei Glazed Curtains am laufenden Band, gerne auch mal bei gedrosseltem Tempo. So nimmt sich „Good Luck“ bewusst zurück, gewährt den Instrumenten, aber auch den Vocals mehr Freiraum, sodass sich der kernige Midtempo-Track samt schrägen Harmonien richtig schön entwickeln kann. Im eröffnenden „ADHD Fever“ platziert sich das Quartett gekonnt zwischen den Stühlen, hebt zwischenzeitlich ab, lässt aber ebenso den nötigen Raum für die Schwere des Seins. Davon hat auch das unterkühlte „My Anxiety“ mit seinen kleinen Loops und widersprüchlichen Melodien mehr als genug im Gepäck – fast schon eine Antithese zu zumindest weiten Teilen dieser Platte.

Und die macht absolut Laune, von vorne bis hinten. Glazed Curtains entwickeln sich hörbar weiter, auf musikalischer wie auf persönlicher und sozialbewusster Seite, und spielen ihre gewonnene Erfahrung gar locker, fast schon souverän aus. „Claustrophobia“ fühlt sich gefühlt von einem Extrem ins andere gerissen, nahezu konstant, und schlägt daraus Kapital. Alternative Rock mit 90s-Einschlag erfreut sich aktuell großer Beliebtheit, und davon gibt es hier mehr als genug. Mächtige Riffwände, nachdenkliche Melodiker, noisige Grantler und tanzbare bis hymnische Hoffnung finden etwas mehr als eine halbe Stunde lang zusammen. Schweres zweites Album? Von wegen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.11.2024
Erhältlich über: Tape Capitol Music (Broken Silence)

Website: glazedcurtains.com
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