CAVA – Powertrip

CAVA
(c) Merle Wagner

Macht und Kontrolle jenseits der Schadensbegrenzung: Während CAVA auf ihrem ersten Album noch vorrangig ihre Identität definieren wollten, geht es das Berliner Duo nun um Welten deutlicher an. Erstmals fand man sich in einem Studio wieder, was man auch hören sollte. Aber nicht zu sehr, denn der erste Mix ihres Zweitlings fiel zu poppig aus und verlangte förmlich nach mehr Punk-Drive. Zudem geht es auf „Powertrip“ um deutlich ernstere Themen, die gesellschaftliche Normen hinterfragen, offensiv mit Machtverhältnissen in Schieflage und feministischer Vorbildwirkung umgehen. Und das gelingt verdammt gut.

Dass „Crashing“ ein wenig mit der Tür ins Haus fällt – ja, selbstverständlich. Hinter dem rohen, dissonanten Riff und den drückenden Drums regiert Intensität mit dezent poppigem Einschlag. Dieser Spagat zwischen ungeschliffener DIY-Energie und leicht ausproduziertem Fokus bestimmt die neue CAVA-Platte, macht sie etwas zugänglicher und hilft die starke Message zu verbreiten. Ob es sich hier wirklich um eine „Free Fucking World“ handelt, stellt das Duo selbstverständlich in die Frage, brüllt sich die Seele aus dem Leib und steckt wüste Punk-Akkorde in eine abgehauste Garage. Bekömmliche Stahlkanten legen sich auf das erstickende, freiheitsliebende Herz.

Ausgerechnet „(Not) Nice“ klingt richtig schön nett, lebt die betont abgewrackte Genre-Abfahrt mit Gusto vor, hält wiederholt kurz inne und teilt mit beiden Stimmen voll aus. Hingegen gibt sich „Burn Your House Down“ so unbequem und sinister wie möglich. Unwohlsein schießt aus allen Poren, wenn die Strophen die Fassung verlieren und pointierte Drohungen vorbereiten. Auch „Silly Girl“ soll möglichst unangenehm ausfallen, ist alles andere doof und rüttelt stattdessen kräftig am lachhaften Thron des Patriarchats. Daran ist rein gar nichts „Modest“ – lieber direkt durchstarten, mit Gift und „Piss“ zulangen, dann abhauen.

In gerade einmal einer halben Stunde haben CAVA alles gesagt, und doch lässt der Status Quo vermuten, dass auch das kaum ausreichen wird. Am vollen Einsatz in Ton, Text und Haltung dieses zweiten Albums liegt das freilich nicht. „Powertrip“ nennt die Dinge beim Namen, seziert Probleme und Missstände mit ausgesuchter Präzision, lebt den Punk-Ethos vor und entwickelt sich gleichzeitig im besten Sinne weiter. Jeder einzelne Track macht Laune, brennt sich durch Herzblut, Rastlosigkeit und pure Leidenschaft ein, betont zudem die Stärken des Duos als exzellentes Kreativ-Powerhouse. Von CAVA wird man mit Sicherheit – und sehr gerne – noch richtig viel hören.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 15.11.2024
Erhältlich über: Buback Tonträger (Indigo)

Bandcamp: cava.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/cavacavaca