Thus Love – All Pleasure

Thus Love
(c) Shervin Lainez

Einfach mal weg, komplett ohne störende Einflüsse, und das eigene Ding durchziehen: Nach dem Achtungserfolg ihres Einstands „Memorial“ suchten Thus Love nach neuen Wegen. Bassist und Gründungsmitglied Nathaniel van Osdol verließ die Band, dafür wuchs man zum Quartett an und verlegte den Lebensmittelpunkt komplett nach Brattleboro, eine Kleinstadt im US-Bundesstaat Vermont. Und dann zog man sich für die Aufnahmen des Nachfolgers in eine zum Studio umgebaute Scheuen am Land zurück, liebevoll ‚Hobbithöhle‘ genannt, fernab vom Schuss. Die Mission für die Arbeiten an „All Pleasure“ war klar: Was keine Freude bringt, wurde sofort verworfen.

Entsprechend bunt und vielschichtig klingt der Post-Punk-Sound nun, bewusst breiter aufgestellt und doch spannender denn je. Das eröffnende „On The Floor“ knüpft aber erst einmal an das bisherige Schaffen an, wirkt schwer und drückend, besitzt auch die eine oder andere Hook, der man sich nicht entziehen kann. Die Magie der schneidenden Gitarre macht Laune. Auch „Bread For Blood“ lebt von kraftvollen Saiten, die jedoch in einen ganz anderen Kontext transportiert werden. Plötzlich zieht es Thus Love in die Disco, entfernt angenehm an Gossip erinnernd und im richtigen Moment butterweich. Der understatetete Track hat das Zeug zum Hit.

Als krasses Gegenstück geht wohl „Face To Face“ durch, eine butterweiche Piano-Ballade mit viel Gefühl und Herz, wo jede einzelne Zeile direkt durch Mark und Bein fährt. „Losing A Friend“ packt Ernstes in knackigen, melancholischen Rock mit unerwartetem Strokes-Einschlag. Konsequente Schwere trifft energisches Freispielen. „Birthday Song“ bezieht seine Stärke hingegen vorrangig aus den Zäsuren und kleinen Zwischenwelten, dem kurzzeitigen Abtauchen inmitten meditativer Präsentation. Da passt ein Songtitel wie „Show Me Patience“ wunderbar rein, fast schon unterkühlt und doch so deutlich – ein wunderbares Stück Post-Punk-Antithese.

Die Evolution von Thus Love, gekoppelt mit bewusster Entkopplung, wirkt wahre Wunder. Einerseits vermeidet man es tunlichst, sich von gängigem Post Punk loszusagen, andererseits entwickelt man sich angenehm und natürlich weiter. „All Pleasure“ nimmt viele weitere Ideen dazu, wirkt textlich noch stärker und hat sogar den einen oder anderen Hit an Bord. Dass die vier Musiker*innen an den Songwriting- und Aufnahme-Sessions Freude fanden, lässt sich keinesfalls überhören – zehn richtig gute Tracks für zuckende Mundwinkel und Teilzeit-Tanzschuhe, die nicht so schnell loslassen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 01.11.2024
Erhältlich über: Captured Tracks (Cargo Records)

Facebook: www.facebook.com/ThusLoveBand