The Linda Lindas – No Obligation

The Linda Lindas
(c) Jessie Cowan

Vier junge Musikerinnen gehen bei einer Performance in der öffentlichen Bibliothek von Los Angeles steil und schaffen damit einen viralen Hit. Dahinter stecken The Linda Lindas, die auf den verdienten Hype eine starke EP und ein noch besseres Album folgen lassen. Dass drei der vier Sängerinnen und Instrumentalistinnen immer noch zur Schule gehen, verblüfft nach wie vor. Und doch konnte man in den Schulferien sowie an diversen langen Wochenende, wo man unter anderem mit Green Day, Blondie, Paramore und den Rolling Stones spielte, eine Fülle packender neuer Songs schreiben. „No Obligation“ behält sich die Unbekümmertheit der bisherigen Releases und spielt sich einmal mehr frei.

Alles können, aber nichts müssen, diesem Motto folgt der eröffnende Titelsong, in dem sich The Linda Lindas binnen Sekunden freispielen und mit angriffslustigem Punk Rock beherzt zulangen – roh, drückend und angenehm ungeschliffen. Der Track springt förmlich ins Gesicht und repräsentiert doch nur eine von vielen Facetten. Sehr frisch ist beispielsweise das auf Spanisch gesungene „Yo Me Estreso“, das sich bei traditionelleren Klängen bedient, am Höhepunkt sogar Blechbläser auftreten lässt und zum Tänzchen einlädt. Die Ziehharmonika stammt von keinem Geringeren als Weird Al Yankovic – eine kleine Kuriosität, die den Exkurs noch einen Tacken sympathischer erscheinen lässt.

Ein paar Türen weiter geht es vehement, fast schon metallisch voran, wenn „Resolution/Revolution“ beherzt zulangt und mit einem feinen Hauch Gruselstimmung sowie einem drückenden Post-Punk-Chorus auftrumpft. All das findet nahtlos zusammen, wie auch das kleine Wechselspiel in „Lose Yourself“, dem eine gewisse Wave-Affinität nicht abzusprechen ist – gemächlich, intensiv, dann aus dem Nirgendwo einer der poppigsten Momente des gesamten Albums. Gewisse Querverweise auf Blondie lassen sich nicht von der Hand weisen. „Excuse Me“ langt wüst und brutal zu, nimmt eine mächtige Dosis Riot Grrrl mit, während „Don’t Think“ sogar mit klassischem Indie Rock spielt und einen Mini-Hit landet.

Exakt das trägt letztlich zur ungemeinen Sympathie dieses Albums bei. The Linda Lindas toben sich musikalisch aus, machen um das vermeintliche Schema F einen weiten Bogen und zeigen recht deutlich, dass die Freude am kreativen Ausprobieren immer noch die besten Songs hervorbringt. War der Vorgänger bereits abwechslungsreich, so öffnen sich auf „No Obligation“ sämtliche Schleusen. Große Melodien und mächtige Hooks haben hier ebenso ihren Platz wie traditionelle Klänge, wie derbe Abrissbirnen und eine feine Prise Pop, die konzentriert, konsequent und punktuell drübergestreut wird. Ein zweites verdammt gutes Album in Serie demonstriert eindrucksvoll, dass hier so viel mehr dahintersteckt als nur ein ‚Hype‘.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 11.10.2024
Erhältlich über: Epitaph Records (Indigo)

Website: www.thelindalindas.com
Facebook: www.facebook.com/TheLindaLindas