Razorlight – Planet Nowhere
Für Fans von Razorlight neigt sich eine lange Leidenszeit dem Ende zu. Nach drei erfolgreichen Alben und mehrfachen Platin-Auszeichnungen zerbrach das klassische Line-up. Einzig Sänger Johnny Borrell verblieb, die Arbeiten an einer neuen Platte stockten und es kam zu einer langen Pause, die für ein wenig ertragreiches Solowerk genutzt wurde. Obwohl es 2018 doch noch für ein neues Razorlight-Album reichte, fehlte etwas. Seit 2021 ist die Besetzung der großen Erfolge wieder zusammen, die Chemie stimmt wohl ebenso wie die Kreativität. „Planet Nowhere“ ist die erste Platte in diesem Line-up seit 16 Jahren und markiert zugleich die Rückkehr zu bewährter Form.
Nummer Sicher gibt es hier nicht, siehe und höre Tracks wie „Empire Service“. Ein Schwall an Silben, die fiebrige Gitarre und eine hektisch tänzelnde Rhythmusabteilung setzen auf feisten Post Punk, der mittendrin zum kauzigen und doch bekömmlichen Ohrwurm umschlägt. Auch „Scared Of Nothing“ mag es roh und dissonant, schüttelt aus dem gefühlten Nichts einen eingängigen Refrain aus dem Ärmel. Der sprichwörtliche Schalk lacht aus dem Nacken, wenn sich das Geschehen verfremdet. Dank psychedelisch angehauchter Instrumentierung gelingt das schräge und doch sympathische Verwirrspiel auf ganzer Linie.
Überhaupt häutet sich diese Platte mehrfach und gibt sich dabei sympathisch. So lebt „April Ends“ für Gitarren-Pop, gibt sich sympathisch und fluffig, während ein paar Riffs aus der Garage mitschunkeln. Der fieberhafte Opener „Zombie Love“ fällt zuckersüß aus, versteckt seine Ecken und Kanten bewusst unzureichend und packt giftig zu. „Taylor Swift = US Soft Propaganda“ trägt das bereits im Titel, wirkt ansonsten aber vorwitzig bis bekömmlich. Wer die „Cool People“ tatsächlich sind, bleibt offen. Der selbstironische Text harmoniert prima mit der grantigen Gitarre, die kurz vor der Eskalation abbricht und plüschigen Harmonien Tür und Tor öffnet.
Dass nach all den Jahren tatsächlich eine derart gute Platte rumkommt, überrascht positiv. Natürlich knüpfen Razorlight an jenen Sound ein, der sie einst groß machte, bleiben aber keinesfalls in der Vergangenheit hängen. Bei allem Fan Service zeigt sich „Planet Nowhere“ angenehm offen, durchaus im Hier und Jetzt verankert. Ohnehin ist hier alles dabei – der poppige Ohrwurm, der klassische Rocker aus der Garage, der stilisierte Post-Punker. Vor allem scheint jedoch das Verständnis unter den vier Musikern wieder intakt zu sein, harmonisch und doch voller Elan. Razorlight melden sich in starker Form zurück und nehmen endlich wieder Kurs auf ihre besten Zeiten.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 25.10.2024
Erhältlich über: V2 Records (Bertus)
Website: www.razorlightofficial.com
Facebook: www.facebook.com/Razorlight