Orla Gartland – Everybody Needs A Hero

Orla Gartland
(c) Alex Evans

Der große Wurf zeichnete sich bei Orla Gartland schon lange ab. Bereits im Teenageralter erschien eine erste EP, zehn Jahre später landete das erste Album auf Platz 10 in den britischen Charts, in der irischen Heimat ging es sogar auf Platz 4. Gartland tourte im Anschluss fleißig, war Stammgast auf diversen Festivals, kollaborierte fleißig und rief mit Fizz sogar ein kleines Nebenprojekt mit guten Freund*innen ins Leben. Ob das zweite Album tatsächlich das schwerste ist, nun, das hat der 29jährigen offensichtlich niemand gesagt. Auf „Everybody Needs A Hero“ beleuchtet sie den Mythos einer Heldin konzeptuell und von verschiedenen Seiten – im Alltag, aber auch auf sozial verklärte Weise.

„Both Can Be True“, das gilt nicht nur für die unterschiedlichen Dimensionen des Heldendaseins. Im kurzen, reduzierten Opener wird bewusst eine Welt widersprüchlicher Gefühle heraufbeschworen, die „SOUND OF LETTING GO“ im Anschluss intensiviert. Mächtiger Beat, bewusste Lautmalerei – quasi die thematische Fortsetzung des All-Caps-Titels – ja sogar ein bedrohliches Spiel mit Synthetik und der Tonleiter verstören etwas später. „The Hit“ verpackt emotional aufwühlende Frustration in ruhige, durchaus anmutige Töne. Mit diesem herrlich eigentümlichen und zugleich harmonisch poppigen Track erinnert sie im besten Sinne an ihre Fizz-Kollegin dodie.

Wer hingegen die laute, drückende und etwas dreckige Seite Gartlands bevorzugt, wird in „Kiss Ur Face Forever“ fündig. Angenehm ruppige Strophen und mächtige Gitarren treiben den angepunkten Track an und gehen mit wachsender Begeisterung steil. Bärenstark ist auch „Late To The Party“, für den mit Declan McKenna erstmals ein Gast eingeladen wurde. Hier finden zwei verwandte Seelen zusammen, wobei die dominante, tänzelnde Gitarre schnell zum Star wird. McKennas Strophe macht Laune, im eskalierenden Finale finden beide für einen fieberhaften und unverschämt eingängigen Track zusammen. Als krasses Gegenteil nimmt das titelgebende Finale balladeske Töne an, bemüht puristische Reduktion und hebt erst spät ab.

Zu diesem Zeitpunkt ist die Heldin bereits gekommen, um zu bleiben. War das erste Album bereits kurzweilig, so wächst Gartland hier weiter über sich hinaus. Zwölf abwechslungsreiche, schillernde und gerne mal im besten Sinne unerwartete Tracks reihen sich auf sympathische Weise aneinander. „Everybody Needs A Hero“ lässt sein Herz für Pop jubilieren, findet immer wieder unmittelbar zu kleinen und großen Überraschungen, packt im richtigen Moment zur Gitarre und traut sich sogar an den einen oder anderen Gast bzw. Co-Songwriter heran. Dass das Ergebnis trotz aller Vielfalt witzig, homogen und emotional mitreißend rüberkommt, spricht für sich: Orla Gartland konsolidiert sich auf hohem Niveau mit einem packenden, unfassbar sympathischen zweiten Album.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 04.10.2024
Erhältlich über: New Friends Music (Membran)

Website: www.orlagartland.com
Facebook: www.facebook.com/orlagartland