Neumatic Parlo – Play It As It Lays
Neue Indie-Helden aus Düsseldorf schlagen mit einem schwierigen wie einnehmenden Einstand auf. Neumatic Parlo mögen es knackig und rifflastig, schrecken aber keinesfalls vor komplexen Klängen und Themen zurück. Das zeigen sie auch auf ihrem Debüt, dessen Titel sich an einen Roman von Joan Didion anlehnt und dessen urbane Zukunftsangst sowie zunehmende Vereinsamung im großstädtischen Raum aufnimmt. „Play It As It Lays“ (der deutsche Buchtitel lautet „Spiel dein Spiel“) wird in den Händen Neumatic Parlos zum pulsierenden, energiegeladenen, kargen und doch stets überschäumenden Spiel mit den Gegensätzen.
Dass sich hier einiges bewegt, wird von der ersten Sekunde an klar, wenn das vorab ausgekoppelte „Carnage“ mit Elan in diese Platte führt, sich festbeißt, zugleich tiefer ins musikalische Herz bohrt und dabei ein Sammelsurium an Rock’n’Roll, Riffs aus der Garage und ausgelassener, ausschweifender Spielfreude hervorbringt. Im direkten Anschluss drosselt „(Feed Me) Shallow Kiss“ das Tempo ganz gewaltig, gibt sich mysteriös bis gespenstisch, bevor kaskadenartige Gitarrenwände die spontane, drückende Entladung proben – ein wiederholtes Aufbranden des konzentrierten Wahnsinns, der regelrecht unter den Fingernägeln brennt.
Freilich ist das nur die Spitze des musikalischen Eisbergs. Da wäre beispielsweise „Innovation“, ein kurzer und störrischer Post-Noise-Punker mit drückendem Basslauf und virtuosen Drums, der sein düsteres Shoegaze-Folge-Chaos liebt. Hingegen bringt „Brightness“ nicht von der Hand zu weisende Post-Rock-Qualitäten mit, bricht letzte Konventionen auf und steuert auf überdimensionale Katharsis zu. „My Wishful Figments“ könnte kaum fragiler ausfallen, wird fast durchgehend nur von Gesang und minimalster Instrumentierung bestritten – ein begeisterndes, intimes Stück Musik. Zu ruhig? Das mächtige, eingängige „Superstar Factory“ punktet mit hymnischem Understatement, während sich „Scattered/Unscattered“ mit einer Toy-Gitarre in Richtung Unendlichkeit peitscht.
Hoffnungen und Erwartungen ganz locker erfüllt, das lässt sich nach diesen 44 Minuten konstatieren. Neumatic Parlo haben ihren Sound bereits gefunden, der aufbrausende Intimität bemüht, gerne beherzt zulangt und doch Platz für alle gebotene Nachdenklichkeit benötigt. Entsprechend häutet sich „Play It As It Lays“ gefühlt nahezu konstant und behält sich doch einen roten Faden, der sich obendrein direkt im Hinterstübchen einbrennt. Was die Düsseldorfer hier abziehen, macht Laune, ist im richtigen Moment eingängig bis hitverdächtig und stellt doch vor spannende Herausforderungen. Im permanent greifbaren Umfeld der Urban Angst entsteht ein unterhaltsamer Einstand, dem man sich weder entziehen kann noch will.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 18.10.2024
Erhältlich über: Unique Records / Schubert Music (Rough Trade)
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