Mayflower Madame – Insight
Ein Album im ersten Pandemiesommer zu veröffentlichen, das darf mit Fug und Recht als schwieriges Unterfangen bezeichnet werden. Mayflower Madame taten das mit dem exzellenten „Prepared For A Nightmare“, das mit kühlen Post Punk-Klängen die Widersprüchlichkeit, die Ängste und verkappte Hoffnung einer gruseligen Zeit einfing. Ein paar Jahre später legten die Norweger ihren exzellenten Zweitling mit Bonus-Material neu auf, nun gibt es wieder eine komplett frische Platte. Mittlerweile nur noch als Duo unterwegs, hat sich an ihren klanglichen und kreativen Qualitäten rein gar nichts geändert. „Insight“ fängt den beklemmenden und aufwühlenden Mix aus Post Punk, Shoegaze und etwas Psychedelic Rock erneut prima ein.
Songs wie „Never Sever“ bringen das Besondere der Nordlichter in gerade einmal drei Minuten auf den Punkt. Aus dem fluffigen, leicht dissonanten Intro erhebt sich ein treibender und doch dezent entfremdeter Post-Punker mit etatmäßigem Shoegaze-Einschlag, dessen anfängliche Gemächlichkeit schnell ins Gegenteil verkehrt wird. Fordernde und doch eingängige Klänge wandeln an der Grenze zur Finsternis. „Paint It All In Blue“, schlagen Mayflower Madame etwas später vor, was sich als hervorragende Idee erweist. Konstantes, jenseitiges Blubbern, kraftvolle Synthesizer-Präsenz und verspielte Düsternis lassen den Track weiter und weiter wachsen. Gruselstimmung mit Odd-Pop-Appeal wird zur spannenden Zutat.
Davon gibt es auch im abschließenden Quasi-Titelsong „Insight For The Mourning Hours“ mehr als genug, während sich sukzessive Niedergeschlagenheit ausbreitet. Die omnipräsente Schwere des Seins trifft auf psychedelische Verfremdung und lässt sich auf sanften Schwingen ins Nirgendwo tragen. Der Weg hat kein Ziel, wiewohl die finalen Minuten nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Dort hat es sich schon längst „A Foretold Ecstasy“ gemütlich gemacht, von einem pulsierenden Basslauf angetrieben, monoton bis maschinell und doch voller Leben. Der Herzschlag stottert, das Blut gefriert, bevor eine feinsinnige Gitarrenmelodie das Heft in die Hand nimmt und nicht mehr loslässt.
Ein klein wenig anders, aber mindestens so gut wie die letzten Platten, so zeigt sich „Insight“. Das kompaktere Line-up konnte Mayflower Madame offensichtlich herzlich wenig anhaben. Etwas mehr Düsternis und Synthesizer-Einsatz mögen nun dabei sein, was dem Post-Punk-Fokus und der gerne mal unterkühlten bis beklemmenden 80er-Jahre-Ästhetik allerdings bestens bekommt. Letztlich reift das dritte Album zur logischen Fortsetzung des bisherigen Schaffens, zumal die Songs einfach richtig gut sind. Mayflower Madame schreiben unbequeme Mini-Ohrwürmer, die ganz bewusst und fokussiert ihr eigenes Ding durchziehen, die selbst inmitten ermattender Melancholie voller Hooks und Melodien sind, zugleich mit dem etatmäßigen Gaze-Faible zwischen den Welten schweben, dort wachsen und gedeihen. Die Norweger bleiben richtig gut, hoffentlich – und endlich – mit der definitiv verdienten Aufmerksamkeit.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 01.11.2024
Erhältlich über: Night Cult Records / Up In Her Room / Icy Cold Records
Facebook: www.facebook.com/mayflowermadame