Amyl And The Sniffers – Cartoon Darkness

Amyl And The Sniffers
(c) John Angus Stewart

Von Dreck und Chaos in kleinen australischen Bars bis zu den großen Bühnen der Welt: Der Aufstieg von Amyl And The Sniffers in den letzten Jahren bereitete Freude. Der räudige, pointierte und angenehm ehrliche Sound des Quartetts aus Melbourne um Amy Taylor schaffte es zuletzt sogar fast in die deutschen Top 20 und erreichte mit dem zweiten Album „Comfort To Me“ Platz 2 in der Heimat. Darauf will man sich – natürlich – nicht ausruhen und geht stattdessen noch beherzter zu Werk. Auf „Cartoon Darkness“ befassen sich Taylor und Band mit Politik, Klimakrise, KI und der zunehmenden emotionalen Taubheit der Menschen in einer von Informationen gefluteten Welt.

Mit dabei sind natürlich jene knackigen Riffs und kaputten Abrissbirnen, die man von Amyl And The Sniffers bestens kennt. „Pigs“ ist roh, derb und langt beherzt zu, verliert sich in endlosen Soli und bitterbösem Witz. Dass danach mit „Bailing On Me“ eine mit Wave-Chic flirtende Herzschmerz-Nummer folgt, passt irgendwie ins Bild. Mit seinem lockeren Pop-Charme und einer feinsinnigen Hook bricht der Song auf angenehme Weise aus dem bisherigen Schaffen aus. Mit „Big Dreams“, einem erst balladesk angehauchten Rocker, der in weiterer Folge beherzt zulangt, schlägt das Quartett die Brücke zwischen zarten Experimenten und vertrauten Klängen.

Sehr vertraut ist auch „Tiny Bikini“, ein Lied über Selbstbestimmung. Man kann und soll sexy sein, ohne sich damit zur Zielscheibe für notgeile Böcke und dumme Kritik zu machen – der kindliche Singsang unterstreicht das. „U Should Not Be Doing That“ rockt selbstbewusst durch das Pub, reißt die Garage nieder und macht mit seinem stoischen Auftreten mindestens so viel Laune wie das wilde „Do It Do It“, das den Hedonismus mit dem Morgen danach konfrontiert. Hat das Teufelchen auf der Schulter doch Blödsinn erzählt? Eigentlich auch egal, denn schroffe Wellenbrecher wie „Jerkin'“ brennen unter den Fingernägeln. Am anderen Ende des Albums landet „Me And The Girls“ wortreich in der Disco. Schräg? Ja. Stark? Und wie.

Letztlich fasst das dieses bärenstarke dritte Album, diese 13 kurzweiligen und abwechslungsreichen Songs prima zusammen. Wenig überraschend geben Amyl And The Sniffers einen feuchten Kehricht auf Erwartungen und Konventionen, sondern langen einfach beherzt zu. „Cartoon Darkness“ ringt mit wechselnden Emotionen, mit dem nahenden Desaster und dem vorwitzigen Funken Hoffnung, bemüht sich um Selbstbestimmung und schert sich herzlich wenig um Gegenwind. Anders gesagt: Hier steckt haargenau das drinnen, was man sich von den Australier*innen erwartet und erhofft hat. Ein fantastisches drittes Mal in beängstigender Serie.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.10.2024
Erhältlich über: Rough Trade Records / Beggars Group (Indigo)

Website: www.amylandthesniffers.com
Facebook: www.facebook.com/amylandthesniffers