Laura Jane Grace & The Mississippi Medicals – Give An Inch

Laura Jane Grace & The Mississippi Medicals
(c) Fabiana Moreira

Laura Jane Grace hat aktuell einen Lauf. Knapp acht Monate nach dem Release ihres Albums „Hole In My Head“ hat sie erneut Nachschub im Gepäck, bloß wieder im Bandformat. Gemeinsam mit Mike Patton (Drive-By Truckers), der bereits auf besagter Platte mitwirkte, Mikey Erg (The Ergs) und Ehefrau Paris Campbell Grace wurden The Mississippi Medicals ins Leben gerufen. Musikalisch bedeutet das eine Spur frischen Windes mit gelegentlichem Country-Einschlag und einer markanten Zweitstimme, an die man sich erst gewöhnen muss. Und doch kann „Give An Inch“ zumindest über weite Strecken überzeugen.

Das energische „RazorBlade Blues“ springt als Opener direkt ins Gesicht, bringt etwas Country- und Americana-Twang ein, gepaart mit Punk-Esprit und intimen Lyrics über die Kraft der Liebe, der stets etwas schwer Definierbares anhaftet. Im anschließenden „Hoka, Hoka – One, One“ kommt der folkige Esprit des letzten Albums durch. Laura Jane Grace lässt es gemächlich angenehn, zudem ist Pattons Cowpunk-Einfluss im besten Sinne zu hören. Gewöhnungsbedürftig ist hingegen „All Fucked Out“. Hier nimmt Paris Campbell Grace eine prominentere Rolle ein und bemüht sehr hohe Gefilde. Das wirkt etwas dünn, wird jedoch von einem starken, vorwitzigen Track gerettet.

„Karma Too Close“ geht hingegen wieder mit wachsender Begeisterung nach vorne, räumt die obligatorischen letzten Reste Lo-Fi-Punk ab. Hier kommt das Schrille dem kurzen, aber effektiven Song sehr zugute. Dass ein Track mit dem Titel „Fuck You, Just Because“ so ruhig und entspannt rüberkommt, passt ins Bild. Es ist nicht der einzige Ausdruck eines neuen Humorgefühls, das Laura Jane Grace mit ordentlich Sarkasmus versieht. Im abschließenden „M*A*S*H“ kippt dies in puren, ungezügelten Zynismus. Wie ein abgewracktes Kinderlied geht es um suizidale Gedanken, die im Singsang Richtung Abgrund drängen – ein auf allen Ebenen anstrengendes Ende.

Hier war definitiv mehr drin, wenngleich eine gute Laura Jane Grace-Platte immer noch über weite Strecken richtig viel Laune bereitet. Musikalisch stimmt hier recht viel, der verstärkte Country-Einsatz mit gelegentlichem Punk-Ausschlag weiß zu unterhalten. An Paris Campbell Graces Einsatz werden sich jedoch die Geister scheiden, ob stimmlich oder humoristisch. Ab und an ist das zu schrill, zu schräg, gerade im Fall des ansonsten großartigen „All Fucked Out“ oder des Abgangs. Dass „Give An Inch“ dennoch über weite Strecken absolut zu unterhalten weiß, spricht für die übrige Besetzung, die exzellent harmoniert. Dennoch, auch wenn man sich auf nach wie vor gutem Niveau beschwert: Es hätte mehr gehen können.

Wertung: 3,5/5

Erhältlich ab: 06.09.2024
Erhältlich über: Big Scary Monsters (The Orchard)

Website: www.laurajanegrace.com
Facebook: www.facebook.com/LauraJaneGraceofficial