Deadletter – Hysterical Strength

Deadletter
(c) Daniel Delikatnyi

Sechs Wahnsinnige und ein Album, das man gehört haben muss, um es erfassen und verstehen zu können: So oder so ähnlich lässt sich zumindest im Ansatz erklären, was Deadletter aktuell abziehen. Die noch recht junge Band aus dem Südwesten Londons findet einen Sound, der sich bewusst jeglicher Kategorisierung entzieht – Art Rock, Post- und Dance-Punk schwingen als ungefähre Referenzen mit – und von wortreichen, gerne mal düsteren Geschichten angetrieben wird. Diese stilvolle und betont wahnsinnige Präsentation bringt mit „Hysterical Strength“ einen Erstling hervor, an dem man sich im besten Sinne die Zähne ausbeißen wird.

Wo soll man da am besten anfangen? Ausnahmsweise am Anfang, der gekonnt Schwierigkeiten bereitet. „Credit To Treason“ stottert erst ein wenig, bevor eine getriebene Rhythmusabteilung auf schrille Töne trifft und von halb gesungenen, halb gesprochenen Vocals mit schneidender Stimme zerlegt wird. Marginale Steigerungen, pulsierende Lärm-Ansätze und ein tanzbarer, zugleich betont erdrückender Abgang runden dieses fieberhafte Stück Understatement ab. Danach geht „More Heat!“ in die Beine und explodiert direkt durch die Schädeldecke. Der skandierte Songtitel und das stete Spiel mit der Eskalation gehen an die Substanz.

Während der Puls in die Höhe schnellt, liefert „Practice Whilst You Preach“ am anderen Ende des Albums kleine Drumsalven, scharfkantige Riffs und nahezu jazzige Art-Rock-Zwischentöne. Nach und nach laufen die narrativen Fäden zusammen, das Storytelling ringt mit einem Strom der Gedanken und schickt Bläser nach vorne, bis zum plötzlichen Kollaps. „A Haunting“ könnte die perfekte Überschrift für dieses Album sein, zappelt und zaudert zu gleichen Teilen, taumelt durch die Garage und schüttelt so etwas wie einen Refrain aus dem Ärmel. Schließlich bemüht „Mere Mortal“ die sukzessive Überdrehung, gibt sich dem Wahnsinn hin und weiß damit zu unterhalten.

Gewisse Vergleiche mit Yard Act erhärten sich, nicht nur aufgrund der bewusst freien musikalischen Form und des Storytellings. Deadletter sind jedoch im besten Sinne ihr eigenes Biest, stehen fest auf eigenen Beinen und treffen mit ihrem kauzigen Sound mitten ins fremdelnde Herz. „Hysterical Strength“ ist eine Spielwiese für den latenten Wahnsinn, wo gefühlt drölfzig Songs gleichzeitig laufen, sich widersprechen und doch unterhalten. Der jazzige Art-Ansatz, die eskalierenden Dance-Punk-Ausritte, die kantigen Riffs, der vorwitzige Vortrag – dieses Album strengt an und macht Laune. Hier geht es nur nach oben.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 13.09.2024
Erhältlich über: So Recordings (Rough Trade)

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