Cursive – Devourer

Cursive
(c) Bill Sitzmann

Nach zwei sehr kurz aufeinanderfolgenden Platten dauerte es bei Cursive wieder etwas länger. Seit kurzem sogar zu siebt unterwegs, brachte Tim Kasher seine Kunstversessenheit in die Songwriting-Sessions ein. So hatte er im Herbst 2020 gleich 69 Songs geschrieben, 20 kamen in den Proberaum und 13 landen nun auf dem Album. „Devourer“ – inspiriert von Kashers Ansatz, Kunst und Medien regelrecht zu verschlingen – setzt nicht nur die eklektische, ausladende und zugleich kunstvolle Reise der letzten Platten fort, sondern spielt zugleich mit einer Fülle an Figuren und Einflüssen, die selbst für Cursive eine (willkommene) neue Form des Wahnsinns darstellen.

Die einzelnen Charaktere auf diesem Album gehen rücksichtslos mit ihrem Konsum um. Das betrifft leider nicht nur Kunst, sondern auch Ressourcen, Rohstoffe, natürliche Materialien oder Beziehungen zwischenmenschlicher Natur. Chaotisches Scheitern und Rücksichtslosigkeit ziehen sich wie ein roter Faden durch diese gut 48 Minuten, die „Botch Job“ schroff und fieberhaft eröffnet. Der rohe, nahezu punkige Drive kommt gut und ufert in abgründigen Wahnsinn aus, während das folgende „Up And Away“ erst lieblich, dann grob und widerborstig anmutet. Cursive lieben ihre Widersprüche – das wird auch deutlich, wenn „The Avalanche Of Our Demise“ mit Alternative Rock und poppigen Untertönen das Eröffnungstrio fieberhaft abrundet.

Und doch ist das letztlich nur ein kleiner Auszug dessen, was diese Platte so unterhaltsam macht. „Consumers“ kämpft mit Zerrissenheit, will auf die Kacke hauen und ringt mit Zurückhaltung, die eigentlich unangebracht ist – passend dazu ein kleiner Wutausbruch. Die depressiven Noten von „WTF“ symbolisieren schleppende Indie-Fassungslosigkeit mit folkiger Note, während das große „Imposturing“ Math-Gitarren und scharfkantige Distortion neben hymnische Explosivität stellt. Im Vergleich dazu wirkt das abschließende „Loss“ fast schon versöhnlich, trägt letztlich aber bewusst resignierende Noten in sich. Irgendwie ist doch alles für’n Allerwertesten.

Das gilt aber keinesfalls für dieses Album, mit dem Cursive die nächste, die x-te Duftmarke auf sympathische wie souveräne Weise setzen. Im Septett aus Omaha brodelt es hörbar, auch wenn nichts, was man hier serviert bekommt, in irgendeiner Form überrascht. Dennoch wirkt „Devourer“ frisch und leidenschaftlich, im besten Sinne eigen und ungewohnt, jedoch so wunderbar familiar. Nicht nur das, Cursive knüpfen ganz locker an die herausragenden Vorgänger an, häuten sich erneut und ziehen ihren Stiefel durch – eine überaus starke, immersive Platte, die nicht so schnell loslässt. Ob es dieses Mal vielleicht auch wieder einen weiteren Release aus den ergiebigen Songwriting-Sessions geben mag?

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 13.09.2024
Erhältlich über: Run For Cover Records (Cargo Records)

Website: www.cursivearmy.com
Facebook: www.facebook.com/cursive