Bongloard – DYTYR?

Bongloard
(c) Kirsten Heskamp

Die eigenen Gefühle, der stete Drang nach Glücksmomenten und Nervenkitzel, das stete Wandeln am Abgrund der Existenzkrise und des negativen Selbstbilds – Bongloard hatten in den letzten Jahren mit einem kreativen wie persönlichen Auf und Ab zu kämpfen. Das niederländische Trio landete mit „People Overreacting To My Behaviour“ einen Achtungserfolg, benötigte für den Nachfolger aber einen kleinen Tapetenwechsel. In Gent, gemeinsam mit Produzent Sebastian Omerson (Ramkot, Slow Crush, The Haunted Youth) war das perfekte Umfeld für den wahnwitzigen Mix aus Noise, Alternative, Post- und Garage Punk gefunden, das „DYTYR?“ mit wachsender Entgeisterung auf die Spitze treibt.

Hier schwingen sich Songs zu Hits auf, die dem Papier nach kaum weiter davon entfernt sein sollten. „Do You Think You’re Ready?“, der an zweiter Stelle platzierte Titelsong, fährt nervös aus den Boxen. Hibbelige Gitarrenmelodie, launische Vocals und treibende Drums wirken störrisch und fahrig, bevor die noisige Hook aus der Garage alles niedermacht. Da schauen sogar kurz mal die Hives vorbei, schnell von erneuter Dissonanz abgelöst. Auch „My Anxiety“ sollte nicht so viel Spaß machen und bemüht konstante Überdrehung als ausgeflipptes Stilmittel. Verdroschenes Drumkit, zackige Gitarre, heisere Vocals und der nächste große Chorus – es kann manchmal so einfach sein.

Letztlich ist das nur ein kleiner Teil dessen, was Bongloard zu bieten haben. Da wäre beispielsweise die konsequente, nahezu doomige Entschleunigung von „Number 9“, die protometallisches Riffing auf raue Screams treffen lässt, nur um mittendrin einen kurzen Idles-Part einzustreuen. Dass der Opener „Suits“ hingegen bei Fugazi andockt, macht in seiner Jagd nach dem Wow-Effekt schon wieder Sinn. Die Niederländer experimentieren mit Post-Hardcore und spielen sich in einen finalen Rausch. Hingegen ist „The Mirror“  ein vorwitzger Post-Punker, hektisch und drückend, der das Zeug zur Anti-Hymne hat. In „Downwards“ stecken so und so gefühlt mindestens vier Songs, von Surf Rock über Math-Punk bis hin zu metallischen Grind-Extremen.

Widrigkeiten gibt es bei Bongloard nicht, nur den Ritt auf der eierlegenden Noise-Wollmilchsau. Regeln werden konstant gebrochen und durch neue ersetzt, wenn bärbeißige, frontale Attacken mit urplötzlichen Hooks kollidieren. Stilbrüche stehen so und so an der Tagesordnung, zudem brennen sich diese zehn neuen Tracks ein. „DYTYR?“ bringt Fragezeichen ohne Ende mit und ist doch – oder gerade deswegen? – so fantastisch geworden. Der unerwartete Komfort der Rasierklinge offenbart einen Strauß Grau-Buntes, dem man sich nicht entziehen kann. Selbst Konfuzius hätte hieran seine helle Freude.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 04.10.2024
Erhältlich über: V2 Records (Bertus)

Website: www.bongloard.com
Facebook: www.facebook.com/BONGLOARDNL