Wunderhorse – Midas

Wunderhorse
(c) Polocho

Schon wieder ein ’next big thing‘ oder doch nur ein kleiner Hype? Wunderhorse begannen als Solo-Spielwiese von Jacob Slater, nachdem sich seine Punk-Hoffnungsträger Dead Pretties (zu deren Line-up unter anderem FEET-Drummer Ben Firth zählte) nach nur wenigen Singles aufgelöst hatten. Nach und nach wuchs man zur Band an, veröffentlichte im Herbst 2022 mit „Cub“ einen Achtungserfolg im Albumformat und tourte im Anschluss durch Europa und die USA. Gestärkt von der gemeinsamen Live-Erfahrung wurde die zweite Platte tatsächlich als Band in Angriff genommen. Und das hört man „Midas“ von der ersten bis zur letzten Sekunde an.

Musikalisch bewegt man sich weiterhin im Großen und Ganzen irgendwo zwischen Alternative und Indie, Grunge und Shoegaze, bloß greift die sprichwörtliche Summe der einzelnen Teile nun hörbar besser ineinander. Das zeigt sich unter anderem in „Silver“, das ein Gleichgewicht zwischen Intensität und Lockerheit findet, als Ohrwurm durchgeht und doch lässigen Post-Grunge-Charme mitbringt. Im fieberhaften Riffing von „July“ steckt ebenfalls unheimlich viel Power. 90s-Alternative, nahezu noisige Gitarren, hymnischer Gesang und betonte Langsamkeit treten gleich mehrere Druckwellen los, die wie eine moderne Antwort auf das Geschehen in Seattle wirken.

Es geht aber auch ganz anders, wie der überlange Rausschmeißer „Aeroplane“ beweist. Hier nähern sich Wunderhorse der Neun-Minuten-Marke an, ruhen weitestgehend in sich, bemühen entspannte Vorsicht, bevor eine komplett entstellte Gitarre alles zerschießt. Das ebenfalls ausgedehnte „Superman“ lässt den Song kommen, experimentiert mit semi-balladesken Mustern und findet letztlich zum epischen Finale. Kurze, knappe Tracks wie der etwas an Dire Straits erinnernde Titelsong „Midas“, das erdige und zugleich drückende „Emily“ oder das im richtigen Moment aufbrausende „Girl“ brennen sich ebenfalls ein.

Unterm Strich bleibt ein kurzweiliges Album mit Herz und Hirn, das sämtliche Vorschlusslorbeeren locker bestätigt. Die zeitlose Zeitreise von Wunderhorse bietet viel Spannung und kann wiederholt überraschen. US-Alternative-Klänge und (Post-)Grunge-Riffs treffen auf britische Indie-Ideen, mit Classic Rock, Shoegaze und sogar etwas Blues gewürzt, von unzähligen Zwischentönen ganz zu schweigen. Zudem hat „Midas“ eine Armada richtig guter Songs zu bieten, die sich ohne Umwege im Kleinhirn einbrennen. Im Bandformat wachsen Wunderhorse hörbar weiter und legen ein in sich geschlossenes, harmonisches Album vor, das für das Quartett zu einem Sprungbrett werden könnte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 30.08.2024
Erhältlich über: Communion Records (Rough Trade)

Website: wunderhorseband.com
Facebook: www.facebook.com/wunderhorse