Fontaines D.C. – Romance

Fontaines D.C.
(c) Theo Cottle

Die jüngste Post-Punk-Welle brachte eine Fülle neuer Bands hervor, die seither versuchen, sich durch musikalische Individualität zu etablieren. Während Idles mit Elektronik und HipHop spielen und Yard Act einen endlosen Schwall an Worten und Silben gegen Erwartungen stellen, brachen Fontaines D.C. bereits nach dem ersten Album aus dem engmaschigen Schema F aus und erweiterten ihren Sound. Inzwischen hat es die irische Band komplett nach London verschlagen, Abhandlungen über die eigene Identität sind zumindest vorerst ein Ding der Vergangenheit. Auf „Romance“ dreht sich nun alles um Idealismus und – natürlich – Romantik, inspiriert von einem japanischen Anime, einem italienischen Film und dem letzten Funken Hoffnung am Ende der Welt.

Schnell fällt auf, dass jeder Song ein wenig anders klingt und mehr wagt. Da wäre „Starburster“, inspirert von einer Panikattacke von Frontmann Grian Chatten im Londoner Bahnhof St. Pancras. Der beateske, treibende Song mit maschineller Ausprägung – einer von wenigen Post-Punk-Resten – wird immer wieder von scharfem Einatmen durchbrochen und ringt im Ausnahmezustand um Luft. Auch „Death Kink“ knüpft ein wenig an das Frühwerk auf. Ob hier wirklich alles ‚amazing‘ ist, darf freilich bezweifelt werden, doch sorgt der Übergang in das butterweiche, leichtfüßige „Favourite“ für ein kleines Highlight. Die Iren spielen mit Alternative-Klängen, mit Britpop-Harmonien, aber auch mit radiofreundlicher Eingängigkeit.

Später finden sie sich „In The Modern World“ wieder und greifen nach Strohhalmen, die vor dem inneren Auge zerbröseln. Die unterkühlte Ästhetik kann tatsächlich wärmen, gerade wenn es zur Halbzeit etwas lauter wird – eine fragile Referenz an die frühen Nuller-Jahre ohne Glum-Abgrund. Schroffe Gitarren durchziehen „Here’s The Thing“, holen große Alternative-Gitarren mit 90s-Charme hervor und hauen auf die zurückhaltende Kacke. Wieder ein paar Türen weiter betritt „Sundowner“ die Echokammer, intensiviert jüngere Shoegaze-Bemühungen und holt HipHop-taugliche Drums hinzu. Das Ergebnis ist unwirklich und verwaschen, hallt gar mächtig und brennt sich direkt ein.

Auch dieser neue(re) Kurs bekommt Fontaines D.C. gut, zur Überraschung von wohl absolut niemandem. „Romance“ findet verschiedene Ausdrucksformen für romantische Konzepte und stellt sich musikalisch entsprechend breit auf. Das Spiel mit der abebbenden Erwartung begeistert und wird bewusst unorthodox, gerne überraschend und unvorhersehbar inszeniert. Selbstverständlich lassen die Iren ihre Vergangenheit nie ganz hinter sich, setzen sie jedoch bestenfalls anekdotisch ein, als Motor und Triebfeder für neue Ideen und frischen Wind. Mehr Pop, mehr Experiment, ja sogar mehr Alternative und Shoegaze machen sich auf dem vierten Album breit – und es ist einmal mehr richtig gut geworden.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.08.2024
Erhältlich über: XL Recordings / Beggars Group (Indigo)

Website: fontainesdc.com
Facebook: www.facebook.com/fontainesband