Der Neue Planet – Schwerkraft für Anfänger

Die Kunst, wortlos alles zu sagen, beherrschen nur wenige Künstler so gut wie Der Neue Planet. Das Kölner Quartett wagt sich mit seinem Heavy Dream Prog, wie sie ihren Sound nennen, abermals weit hinaus, gibt sich spacig und verträumt, aber auch heavy und direkt. Mehr als 80 Shows spielten sie bislang, tourten dreimal durch Deutschland, Österreich, Ungarn und die Niederlande. Auf ihrem neuesten Streich toben sie sich abermals kreativ aus und setzen Duftmarken, die kaum komplexer und faszinierender ausfallen könnten. „Schwerkraft für Anfänger“ kondensiert den Sound der Kölner einmal mehr auf das Wesentliche.

Der „Unendliche Unwahrscheinlichkeitsdrive“ ist nach knapp acht Minuten zu Ende, so die erste große Schlagzeile. Und doch fühlt sich die Sammlung an Loops und Variationen wie etwas Permanentes an, findet es doch sofort seinen Platz im Kleinhirn. Sukzessives Herantasten an ein Leitmotiv, wiederholte kleine Entfremdungen sowie die singende Gitarre in den Schlussminuten – perfekte Zutaten für etwas musikalische Magie. Im Vergleich dazu gibt sich „Instabile weiße Zwerge“ kompakt und direkt, findet immer wieder zu stampfenden Klängen und mehrstimmigen Gitarren, die einen kleinen Singalong wagen und daran hörbare Freude finden.

Etwas später ufert „Lirum Larium Lapidarium“ komplett und unabdingbar aus. Dabei könnte der Auftakt kaum lieblicher und unscheinbarer sein, tastet sich vorsichtig voran und breitet seine gerne mal majestätischen Schwingen vorsichtig aus. Je länger der Track dauert, desto roher und härter gestaltet er sich, driftet sogar ins Metallische ab. Mit „Alpha Ursae Minoris“ nähern sich Der Neue Planet sogar der Zehn-Minuten-Marke und nutzen diesen kreativen Freiraum für wiederholten Spannungsaufbau, für pointierte Zäsuren und spacige Ausflüge mittendrin. Ein stetes Auf und Ab, begleitet von entsprechender Explosivität, bringt Atemlosigkeit.

Störrisch und weitläufig gestaltet sich dieser neue Streich, ein weiterer Widerspruch, der betont nicht in Wohlgefallen aufgelöst wird. Der Neue Planet werfen einfach Fragen auf und tanzen immer wieder um diese herum. „Schwerkraft für Anfänger“ serviert Musik für Fortgeschrittene, die zugleich hohen Unterhaltungswert mitbringt. Mehr Psych, zudem deutlich mehr Heavyness statten 40 atemlose Minuten mit viel Luft zwischendrin aus. Purer Stress und noch purere Leichtigkeit bilden einen Reigen und gehen schließlich wortlos auseinander. Das braucht den einen oder anderen Anlauf, fällt letztlich genial aus – der nächste Leckerbissen dieser überaus spannenden Band.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.08.2024
Erhältlich über: Tonzonen Records (Soulfood Music)

Website: derneueplanetband.de
Facebook: www.facebook.com/derneueplanet