Amos Lee – Transmissions

Amos Lee
(c) Anthony Mulcahy

So etwas wie Atempausen kennt Amos Lee nicht. Zwar ist sein nunmehr elftes Studioalbum das erste mit neuem Material seit gut zwei Jahren, doch erschienen dazwischen gleich zwei Tribute-Platten – einmal mit Songs von Lucinda Williams, einmal mit einer kompletten Neuinterpretation von Chet Bakers „Chet Baker Sings“. Zum zweiten Mal in Eigenregie mit seiner Band im eigenen Studio in Marlboro im US-Bundesstaat New York eingespielt und aufgenommen, geht es auf „Transmissions“ zurück zu den bewusst reduzierten Wurzeln zwischen Singer/Songwriter, Country, Americana und Folk, die sich einmal mehr mit existenziellen Themen befassen.

Die Eindringlichkeit dieser zwölf Songs, die sich um Liebe, Tod und das Älterwerden drehen, zeigt sich komplett einnehmend und macht jede einzelne Silbe greifbar. Exakt das geschieht bereits in „Built To Fall“, dem bewusst ausladenden Opener, der sich in einen Rausch spielt und aus dem Nichts ein paar semi-orchestrale Elemente hinzunimmt. Passend zum cineastisch anmutenden Arrangement steuern die Lyrics über eine im Scheitern begriffene Beziehung auf ein fieberhaftes Crescendo zu. „When You Go“ klingt wie die andere Seite der Medaille, wenn man verlassen wurde und sich nur noch an Erinnerungen klammern kann. Das fragile Arrangement mit dezenter Kopfstimme passt ins Bild.

Zwischenzeitlich findet sich Amos Lee in den „Darkest Places“ wieder und erklärt die Suche nach Liebe zum einzigem möglichen Ausweg, zum letzten Hoffnungsschimmer auf bessere Tage. Der lockere Country- und Americana-Twang samt bewegenden Backings passt wunderbar und verleiht dem Track die sprichwörtliche Würze. Im lebhaften „Hold On Tight“ sucht der Klammergriff nach einer Zukunft. Reicht der Zusammenhalt für das Morgen und Übermorgen? Es sieht fast danach aus. Der Titelsong arbeitet sich letztlich nach vorne, berappelt sich und lässt die Vergangenheit ruhen. Letztlich muss es doch bessere Zeiten geben, hier von fragilen, reduzierten Folktönen begleitet.

Mit dieser betont intimen, die Dinge hinterfragenden Platte gelingt Amos Lee der nächste kleine Husarenritt. Das konstante Spiel mit freundschaftlichen und romantischen Beziehungen, mit Anfängen und Enden wirbelt den Gefühlshaushalt kräftig durcheinander, begleitet von unzähligen Fragen und gerne mal offenen Enden. „Transmissions“ hört sich stellenweise wie ein Tagebuch, aber ebenso wie der Versuch, sich Mut zu machen, wenn es gerade nicht so läuft. Die insgesamt deutlich reduzierte musikalische Inszenierung passt prima ins Bild, besinnt sich auf das Wesentliche und rückt den Songwriter in den Mittelpunkt. Amos Lee überzeugt endlich wieder mit eigenem Material und legt die nächste gelungene Mini-Häutung der Seele vor.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 09.08.2024
Erhältlich über: Hoagiemouth Records / Thirty Tigers (Membran)

Website: www.amoslee.com
Facebook: www.facebook.com/amoslee