86TVs – 86TVs
Kaum hatten sich die sträflich unterbewerteten The Maccabees 2017 aufgelöst, fanden sich Felix und Hugo White, Gitarristen und Gründungsmitglieder, gemeinsam mit ihrem ehemals mitwirkenden Bruder Will im Studio im Proberaum, um an neuer Musik zu arbeiten. Mit dem Einstieg des überaus umtriebigen Stereophonics-Drummers Jamie Morrison wurde das fehlende Puzzleteil gefunden. Was zunächst noch als instrumentaler Soundtrack gedacht war, nahm schnell konkrete Formen an. 86TVs arbeiteten stolze fünf Jahre an ihre Musik, bevor sie mit einer ersten EP an die Öffentlichkeit traten. Wenige Monate landet mit „86TVs“ sogar ein komplettes Album.
Mit dabei sind so ziemlich alle Singles der jüngeren Vergangenheit, darunter natürlich das exzellente „Komorebi“. Es dauert eine ganze Weile, bis der Track die nötige Energie gewinnt, so etwas wie dezente Fahrt aufnimmt, doch birgt gerade das eine Überdosis Reiz in sich – reduziert, zurückgelehnt und in seinen Indie-Pop-Bemühungen zeitlos. Das fieberhafte Finale passt natürlich ins Bild. Ein ähnliches Kaliber ist „Dreaming“, bewusst reduziert und auf das Wesentliche heruntergebrochen – vor allem Gesang, Piano und etwas Rhythmus. Post-Rock-artige Gitarren setzen nach und nach ein, geben dem Track etwas Unwirkliches mit auf den Weg und verfremden mit Begeisterung.
Direkte, treibende und herzlich rockende Mini-Hits setzt es ebenso am laufenden Band. Da wäre beispielsweise das eröffende „Modern Life“, das nach seinem ausgedehnten Intro zwar etwas braucht, um auf Betriebstemperatur zu kommen, dann jedoch letzte Barrikaden einreißt. Im vorwitzigen „Someone Else’s Dream“ geht es auf einen Britpop-Streifzug, der schließlich in der Garage entdet, während „New Used Car“ auf wildes Schrammeln und einen hymnischen, dicken Refrain mit sympathischen Feeder-Qualitäten setzt. Und dann ist da noch „Higher Love“, das seinen Weg zwischen poppigem Alternative-Radio und Indie-Disco sucht – hektisch, hibbelig und doch komplett für sich einnehmend.
Punktlandung gelungen: 14 vielschichtige, abwechslungsreiche Songs reichen 86TVs, um bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Natürlich ist das, was das britische Quartett abliefert, keinesfalls neu, findet jedoch einen überaus spannenden Mittelweg zwischen frischem Wind und willkommener Nostalgie, zwischen großer Indie-Hymne und einem Hauch Glum der frühen 2000er, nimmt aber ebenso die mächtigen, eindrucksvollen Schrammelgitarren mit all ihrer Zeitlosigkeit mit. Das liest sich alles recht nett, doch letztlich entscheidet, was auf dem Platz bzw. auf Platte passiert, und das ist verdammt gut. 86TVs schreiben Ohrwürmer, zu denen man gerne mitwippt, die ebenso mitten ins Herz treffen, die in intime Club-Atmosphäre ebenso wie auf die große Festivalbühne passen. Bitte diesem Hype unbedingt Glauben schenken.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 02.08.2024
Erhältlich über: Parlophone Records (Warner Music)
Website: www.86tvsband.com
Facebook: www.facebook.com/86TVsband