Personal Trainer – Still Willing

Personal Trainer
(c) Tom van Huisstede

Irgendwo zwischen wildem Einzelkämpfer, verwegenem Produzenten- und Songwriter-Duo sowie einer gerne mal rotierenden Live-Band machen es sich Personal Trainer bequem. Das Projekt von Willem Smit, der im Studio vorwiegend mit Casper van der Lans zusammenarbeitet, entstand ursprünglich aus abgedrehten Bühnenshows, die eine Art Free for All darstellten. Exakt das äußert sich auch im Sound der Niederländer (des Niederländers?), die sich in unterschiedlichen Indie-Welten mit Schwerpunkt auf Pop, Rock, Electronica und Psychedelia austoben. „Still Willing“, das nunmehr zweite Album, gibt sich ähnlich durchgeknallt – im besten Sinne, versteht sich.

Eine echte Einstiegshürde stellt „Upper Ferntree Gully“ dar, das sich tatsächlich der Acht-Minuten-Marke annähert. Smit wollte ein möglichst großes Intro basteln, und das ist ihm hörbar gelungen. Dahinter verbirgt sich ein warmer, wohliger Song, der gefühlt stetig wächst, immer größer wird, an Volumen gewinnt und sich schließlich zur abgedrehten, dissonanten Noise-Party entwickelt. Im Vergleich dazu serviert „I Can Be Your Personal Trainer“ konservative Kost, nimmt einen Hauch Beatles mit und brennt sich mit seiner poppigen Lockerheit sowie den verspielten, vorwitzigen Melodien sofort ein.

Diese beiden Tracks kratzen letztlich bestenfalls an der Oberfäche, was für die Wandlungsfähigkeit dieser Formation spricht. So brandet „Testing The Alarm“ wiederholt auf, gibt sich lautmalerisch, dann wieder fragil und intim, lebt von gewaltigen Gitarrenbreitseiten ebenso wie von folkig angehauchtem Odd-Pop. Ein paar Türen weiter geht „Round“ vergleichsweise geradlinig voran, spuckt schräge Zeilen aus und legt eine der besten Gitarrenmelodien des gesamten Albums vor. „What Am I Supposed To Say About The People And Their Ways?“ bockt, wirft ab, schraubt die Distortion in höchste Höhen und zelebriert zugleich magischen Realismus, der mit unwirklicher Psychedelia flirtet.

Letztlich ist „Still Willing“ vor allem eines: verdammt seltsam. Und gerade das macht den Zweitling von Personal Trainer spannend. Willem Smit gibt einen feuchten Kehricht auf Erwartungen und geht dorthin, wo es ihm gerade Spaß macht. Das kann laut, heavy, geradezu verschwitzt sein, dann wieder poppig und verspielt, zwischendurch abgehoben und proggy, meistens aber alles auf einmal und mit wachsender Begeisterung. Anstrengend? Und wie. Begeisternd? Erst recht. Die Widersprüche, in Kombination mit feinster Melodik und Unvorhersehbarkeit, lassen Personal Trainer einmal mehr wirre Höhen erreichen. Definitiv eine Platte, zu der man gerne immer wieder greift.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 02.08.2024
Erhältlich über: Bella Union (Rough Trade)

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