Máni Orrason – Blue Skies Motel

Máni Orrason
(c) Max Hartmann

In den vergangenen Jahren wuchs Máni Orrasons Sound gefühlt weiter. Der in Island geborene und in Berlin ansässige Musiker entwickelte sich vom Folker zum Pop-Musiker mit Electro-Einschlag, nahm gemeinsam mit Drangsal auf, spielte mit Indie Pop und sogar einer feinen Prise Punk. Davon ist aktuell jedoch herzlich wenig zu hören. Mit dem kurzen und bündigen „Blue Skies Motel“ besinnt sich Orrason auf das Wesentliche – Gesang, Akustik-Gitarre und vielleicht eine Handvoll weiterer Zutaten. Dieser bewusste Schritt zurück zu den Wurzeln, benannt nach einem Gedicht von Robert Creeley, wirkt wie eine musikalische Reise, geprägt von Erinnerungen und etwas Melancholie.

Viele Songs wurden direkt nach dem Aufstehen geschrieben und aufgenommen, noch vor dem ersten Kaffee. Während das verspielte, angenehm ehrliche „Adore You“ mit seiner Zweitstimme und einem Hauch von Tieftöner von warmen Texturen durchzogen ist, bemüht sich das eröffnende Fragment „Adore You (Sleepy)“ um die Rohfassung, um das konsequente Einfangen dieser besonderen, dieser eigenwilligen Stimmung, die mit rudimentären Mitteln in ihren Bann zieht. „I Do“ wird im Anschluss lauter, scheint auf eine kleine Explosion zuzusteuern und lebt letztlich von der Kraft der eindringlichen Wiederholung.

Der Ausbruch aus dem reduzierten musikalischen Gewand wird zur Seltenheit, gelingt aber. So steigert sich auch „Crush“ mit seiner bewegenden Berghain-Zeile mehr und mehr, bevor ein paar Sekunden Noise die Gefühle überkochen lassen. Ein paar Türen weiter kokettiert „Windowlicker“, das mit Aphex Twin nichts gemein hat, mit emotionaler Schwere. Flötenähnliche Töne fahren kurz drüber, schräg und schief, doch ehrlich. „Don’t Stay Up Too Late“ schlägt die Tasten des Klaviers selten und sachte an, gedankenverloren und tatsächlich fast schon verschlafen. Währenddessen wächst „I Was On The Moon“ immer weiter und findet harmonische Magie in der Schlussminute.

Kurz ist es geworden, dieses Album, sagt dennoch alles. Orrason bricht mit den Erwartungen, geht den einen oder anderen Schritt zurück und macht damit letztlich alles richtig. Die hörbar kompaktere, reduzierte Präsentation kommt gut, rückt die Eigenwilligkeit des Moments in den Mittelpunkt und betrachtet die bewegenden, aufwühlenden Lyrics unter dem Mikroskop. „Blue Skies Motel“ reist durch Ländereien und Verflossene, arbeitet eine wilde Zeit auf und sehnt sich letztlich doch nach so etwas wie Intimität, nach dem Idyll des Gemeinsamen. Máni Orrason zeigt abermals eine etwas andere Facette, die man ebenso schnell ins Herz schließt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 05.07.2024
Erhältlich über: Grönland Records (Rough Trade)

Facebook: www.facebook.com/maniorrasonmusic