Joe Goddard – Harmonics
Einmal mehr musste man lange auf ein neues Soloalbum von James Goddard warten, wenngleich es dieses Mal ’nur‘ sieben Jahre waren. Dabei ist der Mittvierziger aus London überaus busy, sei es mit Hot Chip, Hard Feelings, The 2 Bears, als DJ oder gefragter Remix-Künstler. Während der Arbeit in seinem eigenen Studio, das er gemeinsam mit Bandkollege Al Doyle unterhält, wurden ihm die zahlreichen kleinen und großen gruppendynamischen Prozesse im Kreativprozess bewusst, die sich bei der Produktion anderer Musiker beobachten ließen. Entsprechend wollte er sich auf „Harmonics“, seinem neuesten Streich, bewusst zurücknehmen, und rückt dadurch eine Armada an Gästen sowie stilistischen Einflüssen in den Mittelpunkt.
Natürlich sind die Mitstreiter an Bord. Neben Doyle mischt auch Hot Chip-Stimme Alexis Taylor in „Mountains“ mit, und so klingt der Track unweigerlich wie eine entschlackte, dennoch zwingende Version der Hauptband – leger, stilvoll, kurzweilig. Seltene Solomomente, wie „Follow You“, rücken Goddards Stimme in den Mittelpunkt und bemühen zudem die Introvertiertheit eines Künstlers, der sich bewusst etwas zurücknimmt und die Musik für sich sprechen lässt. Oder eben andere Künstler, wie den sympathischen Jazz-Wahnsinnigen Alabaster DePlume, der dem deepen „Revery“ seinen Stempel dezenter Weirdness aufdrückt und daran helle Freude findet, After-Hour-Reizbarkeit inklusive.
Darf es ein kleiner Club-Banger sein? Einer von zwei Tracks mit Singer/Songwriterin Findia geht wunderbar nach vorne: „Destiny“ klingt nach einem Festival-Kracher, der indoor wie outdoor abgehen dürfte und dabei genug Ecken und Kanten bietet. Der zweite gemeinsame Track, „When You Call“, spielt hingegen mit UK Garage und HipHop – eine gekonnte, stilvolle Mischung. Hayden Thorpe (ehem. Wild Beasts) mischt in „Summon“ mit. Kondensierte House-Sehnsucht bietet höchsten Unterhaltungswert. Ein paar Türen weiter macht es sich die Ibibio Sound Machine bequem und lässt „Progress“ mit Afro-House-Groove versehen – ein weiterer pulsierender und doch gefühlvoller Cut, dessen Chorus nicht mehr aus dem Ohr geht.
Eine volle Stunde Musik ohne nennenswerte Längen, das ist schon mehr als eindrucksvoll. Joe Goddards neuester Solo-Ausflug macht richtig viel Laune, von der ersten bis zur letzten Sekunde. Das liegt natürlich auch an einer Armada starker Gäste, aber vornehmlich an den mächtigen Tracks, die kaum abwechslungsreicher ausfallen könnten. Technoide Dance-Stomper, poppige Electro-Ausritte, pulsierende bis deepe House-Synergien, dazu UK-Garage-Ausflüge und HipHop-Beats … kein Song gleicht dem anderen, jede Idee funktioniert, geht abwechselnd ins Herz und in die Beine. Einmal mehr macht Goddard absolut Laune, und das hoffentlich bald wieder.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 12.07.2024
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)
Facebook: www.facebook.com/JoeGoddardOfficial