Humanist – On The Edge Of A Lost And Lonely World

Humanist
(c) Katja Mayer

Nach dem Ende seiner Band Exit Calm wagte sich Rob Marshall an ein Solowerk. Als Humanist schrieb er unzählige Songs und holte sich dafür einiges an Prominenz ans Mikro. Auf dem ersten Album war auch Mark Lanegan zu hören, für den Marshall bereits in der Vergangenheit einiges an Musik geschrieben hatte und der zu einem guten Freund geworden war. Nach dessen viel zu frühem Tod im Februar 2022 dauerte es eine ganze Weile, bis Humanist die entstandenen Emotionen verarbeiten konnte. Auf dem zweiten Album „On The Edge Of A Lost And Lonely World“, abermals mit diversen Gästen aufgenommen, geht es nun langsam voran.

Eines der Herzstücke ist „Brother“ – Lanegans liebevoller Spitzname für wichtige Menschen, den auch Marshall erhielt. Dave Gahan, ein weiterer wichtiger Wegbegleiter, sang die Nummer ein. Hier zeigt sich zugleich der sukzessive musikalische Wachstum dieses Projekts, nun deutlich beseelter und intensiver. Gahan spielt mit Gospel-Elementen, der Indie- und Alternative-Flair zündet zur Halbzeit so richtig und entwickelt sich zur Hymne. Eine solche ist auch „Happy“ mit Ed Harcourt, der den Indie-Crooner gibt und ein überaus lebhaftes Arrangement antreibt. Selbst für eine unerwartete, dennoch sehr willkommene Portion Pop bleibt mehr als genug Platz.

Freilich ist das nur der Anfang. Isobel Campbell, die bei „Brother“ das Cello spielt, übernimmt den Gesang von „Love You More“, das mit etwas Post-Rock-Flair nebst Gothic-Chic überrascht – düster und bittersüß zugleich, voller feenhafter kleiner Widersprüche. In „This Holding Pattern“ wird James Cox vorstellig und hinterlässt im vielleicht besten Track des Albums Eindruck. Es wird laut und sehr emotional, mit vertrauten Industrial-Untertönen versehen, zugleich ungezügelt und intensiv – eine wahre Tour de Force mit einer großen Stimme. Eine solche hat auch James Allen (Glasvegas), der „Dark Side Of Your Window“ stellenweise wie einen vergessenen Song seiner Band erklingen lässt und auf den Glum-Volltreffer zusteuert.

Zugegeben, nicht jeder dieser 14 Tracks kann derartige Wellen schlagen, das ist aber auch in Ordnung. Zwischen höchsten Höhen und großen Gefühlen gelingt das überlange zweite Humanist-Album ohne Frage. Jeder Track hat für sich einen angenehm neuen, frischen Ansatz zu bieten, ohne dabei den roten Faden zu stören. „On The Edge Of A Lost And Lonely World“ wirkt wie eine understatete Antwort auf UNKLE, und das ist nun wahrlich nicht die schlechteste Referenz. Einmal mehr spielt Rob Marshall mit einem Wechselbad der Gefühle, schreibt Songs für die Ewigkeit und erzeugt Stimmungsbilder der faszinierenden Art.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.07.2024
Erhältlich über: Bella Union (Rough Trade)

Website: www.humanistuk.com
Facebook: www.facebook.com/humanistofficialuk