The Early November – The Early November

The Early November
(c) Mitchell Wojcik

Schöne Zeiten waren das doch in den frühen 2000ern als Kind der alternativen Rockmusik-Szene. So viel Weltschmerz, so viele großartige Melodien und jede Menge tolle Künstler:innen und Bands, die sich in unseren Emo-Herzen festgespielt hatten. Jimmy Eat World, Thursday, Finch, Days In Grief, The Get Up Kids, My Chemical Romance, Alkaline Trio – diese sind natürlich nur eine Auswahl, die aber bis heute nachhallt, wir könnten Seiten mit all diesen tollen Platten dieser Ära füllen. Nach 2010 flachte der Hype dann leider ab. Aber wie das so ist im Leben: Manche Dinge sind nicht totzukriegen.

202xer Acts wie grandson, Machine Gun Kelly, yungblud oder auch jxdn verhalfen mit ihrer Neu-Interpretation des Emo dem ganzen Genre zu einer Art Comeback. Immer mehr 2000er-Helden kommen aus der Versenkung hervor mit neuen Platten – so auch die Band The Early November. Ja, die fehlte in unserer Liste oben, allerdings gelang der Band der ganz große Durchbruch bis dato nicht. Was aber definitiv nicht an ihrer Musik liegt, denn die hätte den großen Fame durchaus verdient.

Mit ihrem neuen, selbstbetitelten Album versuchen die Jungs aus New Jersey in diesem Jahr einen weiteren Versuch ins große Rampenlicht, den insgesamt siebten in Albumlänge ihrer Diskografie. Und irgendwie wirkt es, als wolle man sich mit der Wahl des Albumtitels auch noch einmal der Welt da draußen neu vorstellen. Und das gelingt gar wunderbar, denn die Platte ist eingängig, abwechslungsreich und greint nur so vor Melancholie, die sich in allen Tracks der Platte wiederfindet.

Opener „The Empress“ beginnt mit einem verkopften Prog-Riff, im Anschluss nimmt der Track durch die pushy Drums immer mehr Fahrt auf, um dann in einem absoluten Ohrwurm-Refrain aufzugehen. „The Magician“ mit seinen verwunschen Keyboardflächen zeigt die Band verletzlich, um dann erneut diese grandiose Wucht zu entfalten, die diese Künstler ausmacht. „About Me“ erinnert stark an die erwachsenen blink-182, in „What We Earn“ tauchen The Early November ein wenig in den modernen Post-Hardcore von Bands wie Touché Amoré ab, aber es steht ihnen ausgezeichnet und sie hinterlassen definitiv ihre eigene Handschrift im Sound.

„We Hang On“ trägt dann balladeske Züge, ein emotionaler, tiefgründiger Song, der sofort unter die Haut geht. Dann wechselt der Wind, „The Fool“ trägt punkige Züge und drückt ordentlich nach vorne. In „Tired Of Lying“ mixen The Early November 80s-Synthies mit wuchtigem Emocore, ein Track, der mit seinen Tempowechseln, seinen knochenehrlichen Lyrics und dem verzerrten Soundeffekten deutlich hervorsticht. Kompletter Szenenwechsel, neues Kapitel. „The Dirtiest Things“ verbreitet Endzeitstimmung mit seinem traurigen Riffing, Claps und dem halligem Gesang. Zwei Songs der Platte fehlen noch, es folgt „The High Priestess“, erinnert stark an Tracks von Angels & Airwaves, aufbrausendes Riffing, langgetragene Melodien und poppiges Drumming – herrlich. Die tolle akustische Lullaby-Ballade „It Will Always Be“ schließt dann die Platte.

On Repeat – und nach zwei bis drei Durchläufen gebe ich zu, habe ich mich in diese Band neu verliebt. Denn sie schaffen es, den Spirit der 2000er ins Hier und Jetzt zu transformieren, kombinieren tolle Melodien mit all dem Weltschmerz-Gefühl, das mittlerweile leider fest zum Erwachsenen-Alltag gehört. The Early November haben den Zeitgeist voll getroffen – und eine ganze Generation von damaligen Emos, die heute Eltern, Anwält:innen, Teilchenphysiker:innen oder was auch immer geworden sind, schwelgen in Erinnerungen und feiern diese Platte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.06.2024
Erhältlich über: Pure Noise Records (Membran)

Website: theearlynovemberband.com
Facebook: www.facebook.com/earlynovember