Moby – Always Centered At Night

Moby
(c) Lindsay Hicks

Die Zeiten der großen Welthits rund um den Jahrtausendwechsel mögen längst vorbei sein, doch veröffentlicht Moby weiterhin fleißig neue Alben und tobt sich kreativ aus. Der Spätfünfziger nahm mehrere Punk-Platten auf und wagte zuletzt Abstecher in klassische Gefilde, die hierzulande mit Top-Platzierungen und Klassikpreisen belohnt wurden. Für das inzwischen 22. Studioalbum geht es zurück zu den clublastigen Wurzeln. „Always Centered At Night“ ist die Fortsetzung eines 2022 gestarteten Projektes, für das sich der New Yorker von der Underground-Szene inspirieren ließ, und bemüht 13 Kollaborationen mit neuen und weniger bekannten Stimmen.

Mächtige Samples, Melancholie und soulig-beateske Hits sucht man vergebens, erhält stattdessen emotionale bis tanzbare Schwere am laufenden Band. Zu den bekanntesten Namen zählt ohne Frage serpentwithfeet, der mit „On Air“ den einstündigen Reigen eröffnet. Tatsächlich schwingt hier so etwas wie Soul mit, wenngleich das drückende und zugleich luftige Arrangement trotz kleinerer vertrauter Referenzen doch die Distanz zu den großen Erfolge sucht. Mit ein paar Tweaks hätte Moby an diese anknöpfen können, scheint sich davon bewusst fernzuhalten. Auch „We’re Going Wrong“ bringt entsprechende Qualitäten mit. Das Cream-Cover mit Brie O’Banion setzt auf Downtempo.

Viel typischer ist „Where Is Your Pride?“ mit dem vergangenen Dezember viel zu früh verstorbenen Beat-Poeten Benjamin Zephaniah, der seine prägnanten Zeilen zu einem Mix aus House, Techno und Drum’n’Bass aus dem Ärmel schüttelt. Auch „Feelings Come Undone“ mit Soul-Sängerin Raquel Rodriguez zieht direkt auf die rauchige Tanzfläche, wirkt mystisch und unnahbar, dennoch komplett einnehmend. Die jazzigen Vocals von Lady Blackbird in „Dark Days“ zählen zu den großen Highlights und gehen nicht mehr aus dem Ohr, während „Sweet Moon“ mit Choklate mit einem Hauch Dub überrascht. Das schillernde Understatement von „Precious Mind“ mit India Carney bleibt hängen.

Vielleicht hätte es tatsächlich nur ein paar kleinere Tweaks gebraucht, um ein Album mit weiteren potenziellen Radio- und Crossover-Hits aus dem Ärmel zu schütteln, doch war das bestimmt nicht die Mission. Tatsächlich wird die Hinwendung zur Nacht in jeder Note greifbar, ob tanzbar und technoid oder soulig und nachdenklich. „Always Centered At Night“ verbindet viele unterschiedliche Moby-Facetten zu einem vielschichtigen, gerne mal überraschenden Werk, das abermals in eine gänzlich andere Richtung geht und doch so viel Vertrautes mitbringt. Etwas Häutung, etwas Innovation, dazu tolle Gäste und weiterhin hohes Niveau – kaum zu glauben, dass er im Herbst nächsten Jahres bereits 60 wird.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.06.2024
Erhältlich über: Always Centered At Night / Embassy of Music (Tonpool)

Website: moby.com
Facebook: www.facebook.com/mobymusic