Dirty Three – Love Changes Everything

Dirty Three
(c) Daniel Boud

Zum ersten Mal seit zwölf Jahren gibt es wieder komplett neue Musik von Dirty Three auf Albumlänge. Speziell in ihrer australischen Heimat genießt das Trio Kultstatus – angesichts der beteiligten Musiker Mick Turner (der in zahlreichen Bands spielte und regelmäßig Ausstellungen abhält), Jim White (ein gefragter Drummer für PJ Harvey, Bonnie ‚Prince‘ Billy und Cat Power) sowie Nick Cave-Intimus Warren Ellis (u. a. Grinderman) keine Überraschung. Obwohl man sich in den letzten Jahren immer wieder mal für den einen oder anderen Gig traf, dauerte es im Studio sehr lange. „Love Changes Everything“ steht nun in den Startlöchern und denkt den rein instrumentalen Ansatz gewohnt sperrig und folkig weiter.

In sechs Teilen setzen Verfremdung und Verzauberung wiederholt und zu gleichen Teilen ein. „Love Changes Everything I“ streckt den kategorisierenden Mittelfinger entgegen und bringt den Freeform-Ansatz des Trios auf den Punkt. Schneidende, dröhnende Schleifen und Folk-Instrumentierung widmen sich schabendem Kargland in losen Loops, während Whites Drums einen anderen Rhythmus spielen, meint man. Das späte Anschwellen des Arrangements verführt, während die anfänglichen Piano-Töne des zweiten Teils überraschen. Hier dürfen die Tasten die Führung übernehmen, während ringsum weitere Instrumente auf geradezu gespenstische Weise auftauchen und verschwinden.

All das mündet schließlich in ein zehnminütiges Finale, das die herausragende Klasse der Dirty Three gekonnt unterstreicht. Aus der zögerlichen Vorsicht erhebt sich pure Magie, gedankenverloren und nur langsam mit einem konkreten Ziel vor Augen, sich verfestigend und konsolidierend. Erneut tänzeln die Instrumente zunächst lose um eine Idee, spielen mit rhythmischen Grundkonzepten und finden sehr, sehr langsam zusammen. Der folkige Jazz wird immer lauter, das Piano dreht am Rad und doch regiert, bis zur Acht-Minuten-Marke, zartes Understatement. Wenn letztlich doch noisiges Chaos hereinbricht, ist alles eitel.

Als wären sie nie weg gewesen, legen Dirty Three einen kleinen, gewohnt unorthodoxen und schwer greifbaren Leckerbissen hin. „Love Changes Everything“ setzt auf den musikalischen Wandel und versucht immer wieder, widersprüchliche Gefühle einzufangen, frei um das Arrangement schwebende Instrumente zu greifen und in einem Arrangement zu vereinen. Das erweist sich als durchaus knifflige, wenngleich sehr lohnenswerte Herausforderung, ohne dabei ein einziges Wort zu verlieren. Der folkige Post-Ansatz der Australier bleibt faszinierend, spärlich und jazzig, dennoch so laut und deutlich. Auf dass die nächste Pause nicht ganz so lang ausfallen möge.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.06.2024
Erhältlich über: Bella Union / PIAS (Rough Trade)

Facebook: www.facebook.com/dirtythreeband