Beatsteaks – Please
In den letzten Jahren war nicht so ganz klar, ob und wie es mit den Beatsteaks weitergehen würde. „Yours“ hat etwa sieben Jahre auf den Buckel, zwischendurch gab es einzelne Songs und eine Cover-EP. Tatsächlich kamen auf der letzten großen Tour zahlreiche kleinere Konflikte, die sich im Laufe eines Vierteljahrhunderts angesammelt haben, explosiv an die Oberfläche. Ausführliche interne Gespräche sowie der schlussendliche Wunsch, keine reine Best-of-Band sein zu wollen, brachten die Berliner wieder auf Kurs. Nach langem wagte man einen Produzentenwechsel und erarbeitete gemeinsam mit Olaf Opal ein elf Songs umfassendes Werk rund um einen für diese Platte zentralen Begriff: „Please“.
Können sie es noch? Hatten sie es je verlernt? Dass hier – im besten Sinne – ein etwas anderer Wind weht, wird von Anfang an klar, wenn „Goodbye“ einen intensiven, pulsierenden und hypnotisierenden Basslauf in den Mittelpunkt rücken. Ja, dieses beateske, drückende und dennoch federnde Konstrukt trägt bei aller Ungewöhnlichkeit immer noch genug Beatsteaks in sich. Die folgende Auskopplung „Detractors“ ersäuft erst einmal im Hall. Zackige Gitarren und entfremdende Dissonanzen finden sich in der Echokammer wieder, von gewohnt fieberhaften Vocals getrieben – wie eine unwirkliche, surreal angehauchte Interpretation der alten Hits, zugleich komplett frisch. Die Kombination aus Ohrwurm-Refrain und verwaschener Präsentation geht direkt auf.
Keine Sorge, die etatmäßigen Wellenbrecher mit Punk-Note gibt es auch noch, wie sich das bei den Beatsteaks eben so gehört. „Magic Feel“ trägt das gefühlte Erlebnis dieser neuen Songs bereits im Titel, geht fieberhaft und hymnisch nach vorne, trägt aber auch nervöse Wave-Energie in sich. „Why & Because“ lässt ebenfalls die Muckis spielen – die Melodien ziehen gekonnt nach. In „Katharina“ wird zwar ruppig serviert, bloß gekonnt entschleunigt. Ein Hauch Gaze liegt über dem Arrangement, das dennoch vor Spielfreude fast übergeht. Etwas überraschend kommt das auf einem gespendeten Loop basierende Fun Boy Three-Cover „The Lunatics (Have Taken Over The Asylum)“ mit beklemmender Rap-Einlage – Post-Verwirrung mit wachsender Begeisterung. Schließlich chartert das Quintett ihr „Traumschiff“ und rockt lässig dem Sonnenuntergang entgegen.
Die ganz großen Hits fehlen auf den ersten Blick bzw. Durchlauf, so viel ist klar. Darauf legen es die Herren aus der Hauptstadt offenkundig gar nicht an und lassen stattdessen die Musik für sich sprechen. Und die ist richtig gut, wenngleich „Please“ etwas mehr Geduld braucht. Experimente sind den Beatsteaks nicht fremd, wie ihre letzten Alben zeigten, doch scheint das neue Umfeld und die durchaus komplizierten vergangenen Jahre die Kreativität der Band beflügelt zu haben. Vertraute Wellenbrecher, dicke Hymnen, Hall-beladene Experimente, Post-Energie und noch vieles mehr mischen in diesen elf Tracks mit. Diese Rückkehr in bestechender Form bereitet Freude und geht nicht mehr aus dem Ohr. Auf dass es nicht erneut sieben Jahre dauern möge.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 28.06.2024
Erhältlich über: BeatRec (Warner Music)
Website: beatsteaks.com
Facebook: www.facebook.com/beatsteaks