4Lyn – 4Lyn
Willkommen im DeLorean-Zeitreisemobil, wir düsen zurück ins Jahr 2001, in die volle Hochphase des Crossover. Fred Durst von Limp Bizkit knüppelt im Partymode in Shorts und roter Cap über die Bühne, Papa Roach liefern düstere Texte auf die ganz großen Melodien und Linkin Park manifestieren ihren weltweiten Legendenstatus mit einem Hit nach dem anderen. Auch in Deutschland hyped der Trend – und 4Lyn aus Hamburg droppen ihr Debütalbum deshalb genau zur richtigen Zeit.
Wie es dann oft so ist, als Reaktionen der Presse gibt es nur schwarzweiß. Für die einen sind die Bandmitglieder mit ihren schrullig-albernen Spitznamen und der teilweise klischeehaften musikalischen Umsetzung schlicht nur eine öde Kopie der US-Vorbilder, die einfach nur auf der Erfolgswelle mitreiten will – für die anderen aber sind die Hamburger Jungs eine freudige Bereicherung der Szene. Und immerhin steigt ihr Debütalbum auf Motor Music gleich mal bis auf Platz 62 in den Albumcharts, denn: die Platte hat einige Hits am Start.
Eröffnet wird „4Lyn“ mit „One 2 Three“ und wuchtigen KoRn-Vibes, Hardcore-Anleihen und viel Gossensprech in den Lyrics, aber klar, da muss der Pillermann gleich zu Anfang rauf auf den Tisch, schaut her, da geht was in good ol‘ Germany in puncto Crossover. Weiteres Highlight ist das famose „Whoo“, das zugegeben sehr nah an Limp Bizkits „Nookie“ andockt, aber einen sehr geilen Groove mitbringt, und ähnlich gut im Kopf bleibt wie „Song 2“ von Blur. Aber auch „Lyn“, das mit kräftigem Emoeinschlag, Melancholie und Screamo-Part als Refrain aufgebaut ist, sticht da hervor. „Bahama Mama“ erinnert dann wieder stark an Sugar Ray-Tracks, aber geht amtlich nach vorne und sorgt für gute Laune, während beim kantigen „Alina“, der Huldigung aller Bandsupporter, die Atmosphäre dichter und metallischer wird.
Insgesamt ein sehr gutes Debütalbum, mit dem die Band definitiv ihren Fußabdruck gesetzt hat und auf dessen Erfolg hin weitere fünf Alben entstanden, bis sich 4Lyn 2013 dann auflösten. Da war der Crossover-Hype dann auch wieder vorbei. Und trotz allem; erstaunlicherweise ist die Platte recht gut gealtert und die großen Hits bringen ein Baujahr wie meines zurück in die wilde Studentenzeit.
Anlässlich des 23jährigen Jubiläums hat das Karlsruher Label Backbites Records das Debüt als Vinyl-Reissue nun neu aufgelegt, zur großen Freude der Fans der ersten Stunde. Und übrigens, wer sich fragt, was Sänger Ron „Braz“ Cazzato heute macht: Er verkauft Schoko-Früchte in seinem Onlineshop und liefert nebenher düster angehauchten Emorock, bei dem ab und an die alten Wurzeln durchschimmern.
Erhältlich ab: 24.05.2024
Erhältlich über: Backbite Records (Broken Silence)
Facebook: www.facebook.com/4lynofficial