Sissies – Cockroach Swing

Sissies
(c) Cecile Ash

Mit „Fixed“ war der Hamburger Band Sissies Ende 1997 ein kleiner Überraschungshit gelungen, von der Fachpresse für den kompromisslosen Mix aus Stoner-Riffs, Retro-Chic und punkigem Drive gefeiert. Zwei weitere Alben folgten, bevor man untertauchte. Gut 20 Jahre nach der letzten Platte meldet sich die Formation als Sextett zurück und packt einfach mal alles, was sie damals so groß machte, auf ein Album. „Cockroach Swing“ setzt sich aus zehn Songs zusammen, von 1997 bis 2022 geschrieben und in Thomas Götz‘ Tomatenplatten Studio aufgenommen.

Der eröffnende Titelsong lässt erst einmal die Gitarren aufheulen, wird dann gekonnt eingezählt und legt sogleich alles in Schutt und Asche. Drückender Groove, beißende Riffs und Schweine-Rock-Untertöne, die gerne mal bei Doom und Sludge andocken, treffen auf grandiosen Gesang, wütende Dissonanzen und eine ohrenbetäubend schwerfällige zweite Halbzeit. Im Vergleich dazu geht „She Junk Of The Week“ fast schon direkt und geradlinig nach vorne, holt ein wenig Hardcore und Punk in den Mix, und gibt sich dabei so rau wie möglich. Das gilt auch für das explosive „No Preguntas“, dessen schneidender Basslauf und Gesangsmelodie nicht mehr aus dem Ohr gehen wollen.

Ab und an darf es auch die deutsche Sprache sein, wie in dem mit Kindheitserinnerungen versehenen „Nordsee“. Dieser sperrige, frontale Batzen Hardcore Punk mit Doom-Produktion lang beherzt zu und bereitet wohlige Schmerzen – eine konstante Explosion, die „Bruce Lee ihm sein Grab“ augenzwinkernd fortsetzt und einen unverschämt eingängigen Refrain aus dem Ärmel schüttelt. Auch „Nicht lang fackeln im Sturm“, das alleine schon ob das grandiosen Titels volle Aufmerksamkeit verlangt, nölt mit wachsender Begeisterung und glänzt mit Gift und Galle. „5 Reasons“ kehrt schlussendlich zu den drückenden Stoner-Riffs zurück und überrascht mit Feingefühl im Abgang.

Selbst wenn man Sissies bislang nicht kannte, darf und soll man dieses Comeback abfeiern. Alleine schon der rohe, unterproduzierte Sound sollte die sprichwörtliche Spreu vom Weizen trennen, passt jedoch wunderbar ins Bild. „Cockroach Swing“ ist ein wütender, drückender und unbequemer Batzen von einem Album, der unangepasste Klänge ebenso liebt wie dicke Riffs, eine feine Prise Humor sowie kleinere Überraschungsmomente. Die Hamburger stellen sich betont breit(beinig) auf, nehmen gefühlt sämtliche Phasen mit und knüpfen irgendwie doch direkt an den legendären Einstand an. Diese unverhoffte Rückkehr macht von der ersten bis zur letzten Sekunde richtig Laune und erhält hoffentlich eine Fortsetzung.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 03.05.2024
Erhältlich über: Waxlife Records

Facebook: www.facebook.com/sissiesband