Pearl Jam – Dark Matter

Pearl Jam
(c) Danny Clinch

Erst wartet man eine gefühlte halbe Ewigkeit, dann überschlagen sich die Ereignisse plötzlich: Lange Wartezeiten sollten nach „Gigaton“ der Vergangenheit angehören. Pearl Jam verpflichteten den angesagten Produzenten Andrew Watt (u. a. The Rolling Stones, Justin Bieber, Ozzy Osbourne, Miley Cyrus), der die lebenden Grunge-Legenden in ein Studio steckte und einfach machen ließ. Drei Wochen später war das nunmehr zwölfte Studioalbum fertiggestellt. Auf „Dark Matter“ spielt sich das Quintett mit wachsender Begeisterung frei und klingt so spontan, so lebendig wie schon lange nicht mehr.

Dass hier ein im besten Sinne anderer Wind weht, wird von Anfang an klar. „Scared Of Fear“ führt erst einmal auf die falsche Synthie-Fährte, bevor sich ein richtig schön roher und doch eingängiger Rocker mit hoffnungsvollen Untertönen erhebt. Hier brodelt es, wobei das Solo gekonnt zerschossen wird. Das schroffe „React, Respond“ überrascht hingegen mit seiner Vehemenz, die fast an metallische Gefilde andockt, regelrecht überrumpelt und unheimlich viel Spaß macht. Im Vergleich dazu wirkt „Wreckage“ lieblich und zugänglich, ein überaus sympathischer Midtempo-Track, der den letzten Kuss ebenso mitnimmt wie den Boss.

Was dieses Album so groß macht, ist die Abwechslung. Ein Track wie „Running“, der in knapp 140 Sekunden den rüden Punk-Abriss probt, kann problemlos auf das sehnsüchtige „Waiting For Stevie“ folgen, das die ruhigen, semi-balladesken Led Zeppelin zitiert und doch Pearl Jam in Reinkultur serviert. Das titelgebende „Dark Matter“ ist eine furztrockene, direkte Tour de Force, die beherzt zulangt und sich im Chorus so richtig verausgabt. Im Vergleich dazu wirkt „Setting Sun“ versöhnlich, zurückhaltend und zaghaft. Zwischen proggig angehauchten Anfängen und ordentlich Druck in weiterer Folge entsteht Magie.

Bei aller Wechselhaftigkeit glänzt dieser Longplayer durch Geschlossenheit, bewegt sich auf konstant hohem Niveau und lässt Durchhängern keinerlei Platz. Breitbeinige Rocker, kleine Grunge-Visionen, erstaunlich punkige Nackenschläge und große Hymnen aus dem Americana-Songbook finden wieder und wieder zusammen, gekrönt von einem Eddie Vedder in absoluter Bestform. Pearl Jam machen auf „Dark Matter“ nicht übermäßig viel anders – sie packen bloß sämtliche Stärken auf ein Album, dem man den spontanen, frontalen Charakter der Songwriting- und Aufnahmesessions anmerkt. Der musikalische Jungbrunnen grüßt gar verheißungsvoll.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 19.04.2024
Erhältlich über: Monkeywrench Records / Republic Records (Universal Music)

Website: pearljam.com
Facebook: www.facebook.com/PearlJam