Owen – The Falls Of Sioux

Owen
(c) Alexa Viscius

Ob mit American Football, Cap’n Jazz oder LIES – Mike Kinsella ist immer für eine kleine musikalische Überraschung gut und entwickelt, quasi im Vorbeigehen, seine Songwriting-Skills deutlich weiter. Das merkt man vor allem, wenn er sich seinem Solo-Schauplatz Owen zuwendet. Knapp vier Jahre nach dem Release von „The Avalanche“, das sich mit den emotionalen Tiefs Kinsellas (unter anderem die Nachwehen seiner Scheidung) befasste, klingt der Nachfolger gefasster und erwachsener. Auf „The Falls Of Sioux“ geht es unter anderem um Situtationen, die bei einem deutlich jüngeren Protagonisten Panik ausgelöst hätten, die nun jedoch geradezu abgeklärt weggesteckt werden.

Von eitel Sonnenschein ist Kinsella allerdings noch ein Eck entfernt. Stellvertretend dafür steht „Virtue Misspent“, das von einer dem Untergang geweihten Liebe handelt und dabei geradezu fröhlich klingt, frühlingshaft und verhalten euphorisch. Es brodelt unter der bezaubernden Oberfläche und zeigt, dass das Leben eben keinesfalls einfach, vorhersehbar oder gar fair ist – es ist einfach. „A Reckoning“ steht zu Beginn des Albums für Aufbruchstimmung, nimmt ein paar Western- und Noir-Elemente hinzu. Der Versuch, dem Unvorhersehbaren und Unvermeidlichen offen gegenüberzustehen, wird zur zarten, einfühlsamen und doch bestimmten Tour de Force.

Überhaupt glänzt dieses Album durch seine Musikalität und Vielschichtigkeit. Tracks wie „Qui Je Plaisante?“ reduzieren das Geschehen auf ein Minimum, spielen mit Singer/Songwriter-Motiven und bringen einen Hauch von Folk und Americana ein, während der große Schlussakt „With You Without You“ groß, voluminös und hoffnungsvoll rüberkommt. Angedeutete Streicher lassen das Geschehen immer weiter anschwellen, bis zum kathartischen Höhepunkt. Auch „Beaucoup“ gibt sich groß und mächtig, bloß auf zurückgenommene Weise. Intensive Instrumentierung trifft auf reduzierten Feinsinn – eine bewegende, aufwühlende, ätherische Erfahrung.

Tatsächlich wirkt diese neue Owen-Platte im besten Sinne reifer, offener und akzeptierender, heißt das Leben mit offenen Armen willkommen und sucht weiterhin nach seinem Platz in dessen Wirren. „The Falls Of Sioux“ erfasst in mehreren Wellen – zuerst mit der musikalischen Schönheit, dann mit den aufwühlenden, gelegentlich nahezu versöhnlichen Texten, schließlich mit den feinen Details und kleinen kreativen Kunstgriffen der Arrangements. Tatsächlich kann man sich in diesen 40 Minuten wunderbar fallen lassen und wird von Wellen der Wärme erfasst. Mike Kinsella entwickelt Owen gekonnt weiter und wirkt zugleich selbst deutlich gefestigter – eine von vorne bis hinten packende Angelegenheit.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.04.2024
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)

Website: www.owenmusic.com
Facebook: www.facebook.com/mybandowen