Drive Moya – The Great End
Es war zuletzt eine Spur ruhiger um das Trio Drive Moya geworden, nachdem ihr herrlich 90s-lastiger Einstand „The Light We Lost“ Ende 2019 vollends eingeschlagen war. Die Ruhe vor dem Sturm, wenn man so will, denn nun melden sich die Wiener zurück und zeigen dem vermeintlich schweren zweiten Album die kalte Schulter. Musikalisch widmet man sich nach wie vor der Zeitlosigkeit – Grunge, Indie und Alternative treffen auf Dream-Pop und Shoegaze, von endlosen Weiten und scharfkantigen Gitarren umspült. Und doch klingt „The Great End“ tatsächlich noch eine ordentliche Spur größer und mächtiger.
Das verspielte und doch weitflächige „Your Heart Will Never Burst“ bringt die Magie dieser Platte in fünf Minuten auf den Punkt. Reduzierter und doch zwingender Spannungsaufbau sorgt für intensive Gefühle, butterweicher Gesang kollidiert mit zaghafter Melodik, aus der sich ein gewaltiger, lauter und doch verträumter Refrain erhebt. Die Hymne, die eigentlich keine Hymne sein will, lässt im wahrsten Sinne des Wortes das Herz aufgehen. Und dieses lebenswichtige Organ taucht immer wieder als Leitmotiv auf, siehe und höre das feinsinnige „Lonesome Heart“, das Dream-Pop mit drückenden Post-Rock-Klangwänden kombiniert – sollte nicht funktionieren, macht aber unheimlich viel Laune.
„Violent Man“ lässt die verzerrten Klangwände auf Raten anrollen, umgeben von legerem Bounce. Eine gewisse abwartende Haltung lässt sich nicht von der Hand weisen, die große Explosion scheint stets nahe und packt große Alternative-Salven in den Postgaze mit eingängigem Chic. Wer sanfte Leisetreterei mit präzisem Aufbau schätzt, kommt in einem weiteren herzigen Track auf seine Kosten: „This Grey Heart“ wagt einen vorsichtigen, träumwandlerischen Tanz, bevor noisiger Druck übermannt – kurz, präzise, von katharischer Shönheit. Noch größer wird es nur im abschließenden „Ante Waldermar Roos“, das fast neun Minuten Hochspannung bietet und ein überlebensgroßes Finale vom Stapel lässt.
Was in anderen Händen von Überladung und chaotischer Übertreibung in die Knie gezwungen worden wäre, blüht hier so richtig auf: Drive Moya erweisen sich als Band, die in vergleichsweise kurzer Zeit unheimlich gewachsen ist. Die Magie war auf dem Einstand schon da, doch „The Great End“ wirkt dennoch wie von einem anderen Stern. Hier greift alles gekonnt und gewitzt ineinander, und doch spielen die Wiener befreit auf, lassen sich im besten Sinne treiben, widmen sich Spielwitz, epochaler Katharsis und zurückgelehnter Lässigkeit, die das Erbe der Vergangenheit verwaltet und dabei doch stets die eigenen Stärken auslebt. Jeder Song ist ein kleines Kunststück, ob noisig und direkt oder episch und verspielt. Verträumte Schönheit und verzerrte Energie nähern sich der Perfektion – was für ein Überalbum.
Wertung: 4,5/5
Erhältlich ab: 09.02.2024
Erhältlich über: Noise Appeal Records (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/drivemoya