Declan McKenna – What Happened To The Beach?

Declan McKenna
(c) Henry Pearce

Platz 2 in den britischen Album-Charts und doch alles andere als entspannt: Mit seinem zweiten Album „Zeros“ gelang Declan McKenna nicht nur eine spannende Glam-Rock-Häutung, sondern ein mehr als verdienter Charterfolg, dem ausverkaufte Tourneen und große Festivalauftritte folgen sollten. Dennoch kämpfte der erst 25jährige mit Selbstzweifel und Impostor-Syndrom, suchte nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Das neue Material sollte mehr Raum zum Atmen bekommen, und so zog es ihn nach Kalifornien, um mit Gianluca Buccellati (u. a. Lana Del Rey, Arlo Parks) einen neuen Sound zu finden. „What Happened To The Beach?“ ist die dritte musikalische Häutung auf dem dritten Album und überrascht mit vergleichsweise luftigen, aufgeräumten bis chaotischen Tönen.

Schnell fällt auf: Diese Songs muss man sich im Großen und Ganzen mehr denn je erarbeiten, was natürlich auch an den neuen Nuancen liegt. „Mezzanine“ ist eine dieser Schönheiten, smooth und tanzbar, anhand der Effekte durchaus psychedelisch angehaucht – eine der großen Veränderungen auf „What Happened To The Beach?“. Reduktion und angedeuteter Bombast legen die feine Melodie erst auf Raten frei, doch lohnt sich das Warten. Bereits der Vorbote „Elevator Hum“ mit seinem arty Shuffle und wonky Klanggebilden ließ exakt das vermuten, doch entkommt man der charmanten Eigenwilligkeit nach ein paar Durchläufen nicht – siehe und höre das überdrehte „WOBBLE“, dessen semi-akustisches Korsett mit verwaschenen Gitarren zwischenzeitlich sogar bei Gorillaz andockt.

Apropos Gitarren: Declan McKenna ließ sich unter anderem von St. Vincents Wandlungsfähigkeit inspirieren und versuchte die Art, wie er mit den Saiten umging, zu verändern. Davon zeugt „Nothing Works“, der vielleicht größte Hit des neuen Albums. Unwiderstehlicher Rhythmus, leicht schiefes Augenzwinkern, kompletter Kollaps und ein durchgeleiertes Solo steuern auf einen Key-Change hin, der in anderen Händen cheesy klingen würde. Das gilt auch für „Sympathy“, an dem es kein Vorbeikommen geht, kleine Verbeugung vor den psychedelischen Beatles inklusive. Wer die dicken Gitarren vermisst, saugt das wie ein Überbleibsel des Vorgängers anmutende „The Phantom Buzz (Kick In)“ auf, bevor der performative Fahrstuhl von „It’s An Act“ den Sonnenuntergang verweigert.

Während der „Mystery Planet“ hinter dem Horizont verschwindet, bleiben Fragen über Fragen: Ist das wirklich derselbe Musiker, der einst mit „Brazil“ und „Isombard“ auf sich aufmerksam machte? „What Happened To The Beach?“ ist wohl jene Platte McKennas, die die längste Eingewöhnungsphase benötigt. Die offensichtlichen Hits der Vorgänger fehlen fast komplett, dafür wirkt die neue musikalische Vision auf allen Ebenen schlüssiger. Psychedelischer Rock, arty Pop, verwaschene Muzak und verträumte bis entfremdete Gitarren lassen die Arrangements atmen, selbst wenn es ab und an in Richtung Grenze der Überladung geht. Es ist das dritte Ausnahmealbum in Folge, wieder komplett anders, aber wohl gerade deswegen so schön. Und: Declan McKenna ist erst Mitte Zwanzig. Das macht fast schon Angst.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 09.02.2024
Erhältlich über: Columbia Records (Sony Music)

Website: www.declanmckenna.net
Facebook: www.facebook.com/DeclanMckennaMusic