YIN YIN – Mount Matsu
Demokratie funktioniert: Die ersten beiden Alben von YIN YIN bestanden aus gemeinsamen Ideen von Drummer Kees Berkers und Multi-Instrumentalist Yves Lennertz. Seitdem letzterer ausgestiegen ist, werkeln auch Gitarrist Erik Bandt, Bassist Remy Scheren und Keyboarder Robbert Verwijlen aktiv mit. Exakt das hört man dem Quartett aus dem niederländischen Maastricht auch an, denn der ohnehin sehr experimentelle Sound mit Psychedelia, japanischer Folklore und Elektronik wuchs bei der Gelegenheit noch weiter. „Mount Matsu“ gibt sich tanzbar, verträumt, einfühlsam und energisch zugleich.
Die Single „Takahashi Timing“ zählt ohne Frage zu den Highlights dieser Platte. YIN YIN widmen sich – wie so oft – japanischen Klängen und paaren diese mit einem echten Tanzflächenfüller. Disco-Vibes trifft Folk trifft Rock trifft überwiegend instrumentalen Minimalismus. Wenn nach viereinhalb Minuten die Gitarre zurückkehrt, ist alles eitel. Auch das leicht verschachtelte, psychedelisch angehauchte „White Storm“ ist ein absoluter Gewinn. Der dezent stotternder Rhythmus trifft auf eine gelegentlich surfende Melodie, nicht zum letzten Mal tauchen gewisse Parallelen zu Khruangbin auf. Durch den eigenwilligen Flow finden sogar leicht proggige Strecken statt.
Direkt davor lauert eine der ruhigsten und schönsten Nummern dieses dritten Albums. „Shiatsu For Dinner“ bemüht zarte Gesangspassagen und plüschigen Soft-Rock, betont cheesy und gerade deswegen sympathisch. YIN YIN setzen Variationen mit Bedacht ein und lassen abermals die Gitarre die Führung übernehmen, sich freischwimmen, ja sogar freisingen. Hingegen wagt sich „The Perseverance Of Sano“ in Surf-Rock-Gefilde vor, aufbrausend und zurückgelehnt zugleich. Das sollte eigentlich ein Widerspruch sein, doch nicht in den Händen der Niederländer, die es immer wieder auf den Dancefloor zieht. „Tokyo Disko“ trägt das sogar im Namen und lebt zugleich das große Faible für Funk aus.
YIN YIN öffnen sich musikalisch noch weiter, was ihnen hörbar gut bekommt. Mehr noch, das Quartett klingt mehr denn je wie eine Einheit. Das gemeinsame Songwriting tat der Band hörbar gut, zumal das Spiel mit den verschiedensten Einflüssen – noch ruhiger, noch tanzbarer, noch folkiger, noch rockiger – ihnen sehr gut bekommt. „Mount Matsu“ ist eine nach wie vor zumeist instrumentale Reise durch die Welt mit verschiedensten musikalischen Ideen, die eigentlich nicht harmonieren dürften. Mit guten Kopfhörern ausgerüstet, träumt und tanzt man durch Tag und Nacht – ein weiteres Wunderwerk mit viel Herz und (Bauch-)Gefühl.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 19.01.2024
Erhältlich über: Glitterbeat Records (Indigo)
Facebook: www.facebook.com/yinyinband