Tics – Flash Language
Man muss nicht unbedingt das Rad neu erfinden, um gute Musik zu machen. Tics aus Köln wissen um die Wurzeln ihres Sounds, der sich wunderbar auf eine Linie mit britischen Post-Punk-Urgesteinen bringen lässt. Anstatt sich hier umständlich um neue Facetten zu bemühen, rückt das Quartett den Song an sich in den Mittelpunkt und schreibt lieber starke, unwiderstehliche Melodien. Das äußert sich auch im Titel ihres nunmehr vierten Albums: „Flash Language“ beschreibt eine erweiternde oder ergänzende Sprachvarietät, die ohne ihre Originalsprache nicht existieren könnte – so etwas wie eine Räubersprache, wenn man so will.
Musikalisches Raubrittertum findet hier dennoch keinen Platz, wenngleich die etwas kauzigeren bis noisigen Post-Punk-Referenzen sicherlich auf der Hand liegen. Das störrische „Dagger“ lässt sich auf ähnlich störrische Protagonisten zu Anbeginn der Szene zurückverfolgen. Zwischen dezenten Funk-Einflüssen und einem komplett überdrehten Saxofon entsteht ein schräges wie hochgradig unterhaltsames Stück Musik. „Arguing With The Trojan Horse“ vermischt oberflächliche Lässigkeit mit eindringlichem Auftreten. Gerade die Rhythmusabteilung übt Druck aus und arbeitet sich mit ausgefahrenen Ellenbogen nach vorne, während die Gitarre immer wieder über dem Geschehen tanzt.
Der Widerspruch ist eine der Lieblingszutaten von Tics, die hörbaren Spaß daran haben, gute Songs zu schreiben. Experimente dürfen es aber auch sein, siehe und höre das verspielte „Snag Tree Marching Song“. Viel passiert hier in den Zwischentönen, rund um schwebende Weisheiten, bevor der Schlussakt abhebt und in atemberaubendem Tempo alles niederreißt. Der eröffnende „Pathetic Stick“ fällt hingegen mit der Tür ins Haus, gibt sich wortreich und streut etwas Math-Charme ein. Hier brodelt es, hier brennt es unter den Fingernägeln, während gängige Strukturen mit wachsender Begeisterung durchtrennt werden und auf einem arty Kabel aus den 80ern balancieren.
Schräg ist er ohne Frage, dieser neue Longplayer, aber eben auch so verdammt gut. Tics machen keinen Hehl um ihre Einflüsse und fahren damit sehr gut. Mehr noch, dieser unbelastete Ansatz setzt offenkundig massig Energie für das Songwriting frei und macht jeden der zehn Songs zu einem kleinen Volltreffer. Mini-Hits, experimentelle Gehversuche und spannende Spiele mit dem Post-Präfix statten „Flash Language“ aus, setzen die Serie an hochklassigen Releases der Kölner fort. Wer auf richtig guten Post Punk steht, der sich im Gehörgang, im Herz, Hirn und in den Beinen festsetzt, ist mit Tics weiterhin bestens beraten.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 02.02.2024
Erhältlich über: Tomatenplatten
Bandcamp: tics.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/tics_tics_tics