Kapelle Petra – HAMM

Kapelle Petra
(c) Marcel Strecker

Die wohl größten Sympathieträger der deutschen Indie-Szene haben ihrer Heimatstadt ein Denkmal gesetzt, zumindest musikalischer Art. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert sind Kapelle Petra nicht mehr wegzudenken, mit stets sympathischen Releases auftrumpfend, 2019 schließlich erstmals – und hoch verdient – mit „Nackt“ in den Album-Charts gelandet. Auf den EP-Zyklus zu den vier Jahreszeiten folgt nun eben „HAMM“, ein Ort des Ankommens und des Weiterreisens, symbolisch für das Leben, dessen schöne Momente und endlosen Irrwege. Exakt davon singt das Trio mit Schmelz und Elan.

Zwei Songs illustrieren die Höhen und Tiefen des Seins wohl besser als alle anderen. Da wäre zunächst „Freibad Pommes“, das in Kindheits- und Jugenderinnerungen schwelgt, als Pommes Rot-Weiß (wo bleibt dir Liebe für scharfen Senf?) am Becken das Höchste aller Gefühle war. Kapelle Petra schaffen es perfekt, Nostalgie und existenzielles Fernweh einzufangen. Was wohl aus diesem jungen Menschen geworden ist? „Das Lachen“ ist abhandengekommen, die Schwere des Lebens erschlägt und hat jegliche Freude geraubt. Das geht ganz gewaltig unter die Haut, gerade wenn der Funke der Leichtigkeit sich zurückkämpfen möchte.

Ist der Durchschnitt eigentlich okay oder Grund für schelmisches Grinsen? „Mittelmäßiges Leben“ kann sich nicht so recht entscheiden und geht stattdessen flott nicht vorne – ein kurzer, hibbeliger Track, der die lebhaften Kapelle Petra zeigt. In „Zwischending“ tauchen sie wieder auf und kämpfen mit der Unfähigkeit, sich zu entscheiden. „Keine Lieder für böse Menschen“ bezieht klare Stellung, so wie das mag und liebt, während die Gitarre langsam, aber sicher abhebt. Das Gemeinsame ist so und so viel schöner und wichtiger, wie das Hoffnung machende „Nicht alleine“ illustriert, aber auch der fragile, bewegende Rausschmeißer „Niemand ist schöner als du“ – auf ganz andere Weise.

Abermals pendeln sich Kapelle Petra auf hohem Niveau ein, etwas anders und doch so vertraut. Während die Texte so und so immer ans Herz gehen, selbiges zur Mördergrube erklären und zugleich so gekonnt mit Niedergeschlagenheit, aber auch mit Zusammengehörigkeit spielen, gibt es dafür noch mehr musikalische Abwechslung zu vernehmen. Von reduzierten Balladen über tanzbare Indie-Tracks bis zur großen Pop-Melodie hat „HAMM“ alles dabei, was man am Trio mag und liebt. Besser kann das neue Musikjahr kaum beginnen als mit diesen erfrischenden Sympathieträgern.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 12.01.2024
Erhältlich über: Gute Laune Entertainment (Membran)

Website: www.kapellepetra.de
Facebook: www.facebook.com/KapellePetra