King Creosote – I DES

King Creosote
(c) Calum Gordon

Nur wenige Musiker sind so umtriebig wie King Creosote. Der selbsternannte König aus Schottland mag zwar mehr als sieben Jahre seit seinem letzten Domino-Release vergehen haben lassen, doch erscheinen nach wie vor mehrere Singles und Platten pro Jahr über Kleinstlabels sowie in Eigenregie. Überwiegend zwischen 2016 und 2020 geschrieben, haben die zehn neuesten Tracks etwas von einer Zeitreise, aber auch von einem kreativen Rundumschlag, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt und mehr denn je mit Genres bzw. Genre-Erwartungen bricht. „I DES“ zeigt sich so ambitioniert und ausdrucksstark wie eh und je.

Elektronik gehört eigentlich zu jeder guten royalen Platte, und das eröffnende „It’s Sin That Got Its Hold Upon Us“ gibt die Schlagzahl entsprechend vor. Fluffiger, kunstvoller Electro-Pop trifft auf die Charakterstimme des Königs, deren Charme aus allen Poren zu treten scheint. Währenddessen gewinnt das Arrangement an Intensität und lebt von seinem kuriosen Streicher-Sample. Das folgende „Blue Marbled Elm Trees“ wirkt im Vergleich dazu fast schon konventionell, nähert sich wiederholt etwaigen Erwartungen an die Singer/Songwriter-Tradition, bevor sich der Track in kleinen Strings-Breaks verliert – eine getriebene und doch zurückgenommene, höchst immersive Erfahrung.

Davon gibt es auf diesem Album übrigens mehrere, wie das gefühlt motorisierte „Susie Mullen“, das sich eine Rakete unter den Allerwertesten klemmt und mit dezent krautigen Loops poppig nach vorne geht – sehr schräg, sehr unterhaltsam, zugleich sehr eingängig. „Please Come Back I Will Listen, I Will Behave, I Will Toe The Line“ nimmt sich hingegen 13 Minuten Zeit für ein gewaltiges Epos mit proggigen Anwandlungen und gleich mehreren Höhepunkten. Das schwerfällige, fluffig-finstere „Burial Bleak“ liebt hingegen den Widerspruch und fährt zur See. Und dann ist da noch „Drone In B#“, das gut 36 Minuten lang tatsächlich in Drone-Gefilden badet, aber auch kleinere Ausbrüche einstreut – ein spannender Exkurs, und ein überaus reizvoller noch dazu.

Sperrig und schmeichelnd zugleich, so gibt sich dieses überlange neue Album des Königs, der weiterhin fest auf seinem Thron sitzt. Vor diesen Iden des März muss man sich nicht hüten, mögen diese auch noch so sehr um komplexe Emotionen und Arrangements bemüht sein. Auf „I DES“ tummeln sich abermals verschiedenste Einflüsse, die klassische Singer/Songwriter-Klänge in verschiedenste poppig orientierte, kunstvolle Gefilde treiben. Hoher Anspruch, ausladende Präsentation und mitreißender Feinsinn begeistern sofort, von den gewohnt packenden Lyrics ganz zu schweigen. King Creosote lässt sich nicht ausbremsen und bleibt eine kreative Bank.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 03.11.2023
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

Website: www.kingcreosote.com
Facebook: www.facebook.com/kingcreosote