Corey Taylor – CMF2
Corey Taylor ist offenkundig noch lange nicht ausgelastet und beackert schon wieder seine Solo-Spielwiese. Bereits auf dem Einstand „CMFT“ kam alles zusammen, was bei Slipknot und Stone Sour nicht so recht passte, begleitet von Ideen, die seit Jahren und Jahrzehnten darauf warteten, umgesetzt zu werden. Der US-Radio- und Streaming-Erfolg gab ihm Recht, die erste Tour war entsprechend umjubelt und gefeiert. Mehr davon findet sich nun auf „CMF2“, das nach eigenen Angaben zumindest textlich eine Spur düsterer ausfällt, zugleich musikalisch erneut richtig viel wagt und damit gewinnt.
Viele sehr persönliche Erfahrungen fließen in die Texte ein, darunter Taylors Erfahrungen mit PTBS. „Post Traumatic Stress Blues“ beruht auf einem Rhythmus, der mit den anderen Bands nie so recht funktionierte, der hier jedoch ordentlich Wind macht. Zwischen beißender, metallischer Intensität und einer dicken Hymne entsteht ein ellenlanger, dramaturgischer Glücksgriff, der zu den besten Episoden des Zweitlings zählt. Wer diese wütende Wucht mag, sollte „All I Want Is Hate“ lieben. Satirisch angelegte Zerstörungswut geht mit wachsender Begeisterung durch die Decke, herrlich angepunkt und angepisst.
Das krasse Gegenstück heißt „Breath Of Fresh Smoke“ und holt Country-Ideen in balladeske Gefilde, ohne dabei kitschig zu klingen. Ähnliches gelingt im akustischen „Sorry Me“, aus der Konsequenz eigener Handlungen geboren und wie ein Donnerschlag durch den Gefühlshaushalt fahrend. Hingegen mimt „Beyond“ den großen Rock-Radio-Hit. Das Korsett ist 17 Jahre alt, die große Alternative-Rock-Hymne hingegen zeitlos. „Midnight“ ist sogar noch eine Spur älter und war ursprünglich für Stone Sour gedacht – nachdenklich, von einem starken Solo geprägt. Dazwischen verbirgt sich mit „We Are The Rest“ ein punkiger Gassenhauer, dessen vokale Texturen hohen Unterhaltungswert bieten.
Abermals zeigt sich Taylor solo höchst mitreißend, von der ersten bis zur letzten Minute. Ja, auch diese Platte ist vielleicht eine Spur zu lange geworden, schafft dafür das Kunststück, ohne einen einzigen Durchhänger auszukommen. Dicke Rock-Hits, gelungene Experimente und aufwühlende Texte finden erneut zusammen – etwas anders auf dem Vorgänger, dafür ähnlich stark. „CMF2“ klingt exakt so, wie man sich das von Corey Taylor erhofft hat. Erneut nimmt sich der bald 50jährige sämtliche kreative Freiheiten, erneut weiß das zu unterhalten. Diese smarte, gerne mal unbequeme Wundertüte macht Laune.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 15.09.2023
Erhältlich über: Decibel Cooper Recordings / BMG Rights Management (Warner Music)
Website: coreytaylor.com
Facebook: www.facebook.com/TheCoreyTaylor